20.6.17

Umzug!

Ist es zu fassen: seit Jahren hat mein Blog den Untertitel "Fernweh ist mein ständiger Begleiter." Und nun werde ich endlich auf "Kur" geschickt, denn wir ziehen für mindestens zwei Jahre nach Singapur. Sehr bald. In 6 Wochen etwa (*atmet in eine Tüte*).

Da passt dieses Blog-Reisetagebuch-Format nicht mehr so recht. Und weil ich aber trotzdem unbedingt alles für die Nachwelt (oder zumindest für mein schlechtes Gedächtnis) festhalten will, findet Ihr ab sofort alles weitere unter:

http://singapurhochdrei.blogspot.de/





2.9.16

Costa Rica - Zusammenfassung und Schluss

Wir sind wieder zuhause!
Nach insgesamt 24 Stunden Reisezeit und total geplättet haben wir am Dienstag um kurz vor 12 Uhr unsere Wohnung betreten und uns erst mal sehr über die Milch im Kühlschrank und die Bäckertüte auf dem Tisch gefreut - beste Nachbarn ever!!!

Das frühe Aufstehen am Montag lief besser als gedacht, und auch die Zeit am Flughafen ging gut rum. Der 4stündige Flug nach Houston/USA verging dank kleinem Nickerchen auch recht schnell. In Houston hatten wir fast 5 Stunden Aufenthalt. Die Hälfte davon verbrachten wir allerdings in der langen Warteschlange vor der Immigration und beim Security Check.
Durfte man in Costa Rica mit Kleinkind noch durch eine "fast lane", nahm man in den USA keine Rücksicht auf Titus. Der fand aber schon wieder alles nur wahnsinnig spannend und redete ohne Pause...
Als wir endlich durch waren und uns im Food Court gestärkt hatten, stand Titus bestimmt über eine Stunde an der großen Fensterscheibe  und kommentierte lautstark das Geschehen draußen am Rollfeld: da starteten und landeten Flugzeuge, wurden Koffer ein- und ausgeladen, Maschinen betankt und geputzt, Techniker schwirrten herum, Busse fuhren kreuz und quer - wir kennen uns mit den Abläufen nun bestens aus!


Dann folgte ein seeeeeehr langer Flug nach München, mehr als 10 Stunden dauerte dieser. Leider ist die United keine besonders komfortable Fluglinie, es gab kein Spielzeug an Bord und auch kein extra Kinderessen. Doch wieder war Titus völlig fasziniert vom Fliegen und brauchte außer ein paar Duplosteinen überhaupt keine Unterhaltung. Weit nach Mitternacht schlief der kleine Kerl dann endlich ein und verpennte sowohl die Landung als auch das Aussteigen. Erst beim Koffer-Holen wachte er auf und verlangte lautstark nach Frühstück...

Zusammenfassung:

In 24 Tagen sind wir gut 1.400 km mit dem Auto gefahren. Ein sehr robustes Auto mit Vierradantrieb zu mieten, war sicher die sinnvollste Entscheidung, da wir ganz schön oft "offroad" unterwegs waren. Nur die Einbahnstraßen haben Norman so manchen Nerv gekostet...



Costa Rica im August, also im dortigen Winter, war viel, viel heißer, als wir im Vorfeld dachten. Die Temperaturen lagen täglich bei knapp 30 Grad, und selbst der tägliche Regen brachte keine Abkühlung. Nur in den Bergen, auf 3.000 m, mussten wir mal die lange Hose und den Pulli rausholen.

Wir sind begeistert davon, wie viele Tiere wir tatsächlich gesehen haben! Angefangen bei den eierlegenden Schildkröten in der Karibik über die Faultiere in den Bäumen, die frechen Brüll-, Klammer-, Kapuziner- und Totenkopfäffchen, die überall herumchillenden Leguanen, die farbenfrohen Schmetterlinge, die lauten Tukane bis hin zu den emsigen Blattschneideameisen. Einziger Wermutstropfen: wir konnten keinen einzigen Tapir finden! :-(



Das Essen war eigentlich nicht der Rede wert, einzig Reis mit Bohnen ist die Nationalspeise und schmeckte zum Glück dank intensiver Korianderwürzung vor allem Titus immer und überall. Ansonsten viel Fast Food und Fleisch bzw. Fisch.
Aber die Früchte! Frische Ananas, Papayas, Wassermelonen, Erdbeeren, Avocados, Guaven, Bananen, Kokosnüsse, Rambutan und so viel mehr! Zu Normans größter Freude gibt es fast überall frischen Guanàbana-Saft, den er seit unserer Südamerikareise 2009 ungemein liebt.

Nicht nur das Essen ist "amerikanisiert", auch die Städte sehen so aus, als könnten sie ebenso in den USA stehen: einstöckige Bungalows mit kleinen Vorgärten, Wassergräben davor und einem schachbrettartigen Straßennetz. Vorteil: jeder spricht englisch!

Die Ticos sind allesamt ungemein freundlich, wenn auch gerne mal verschnarcht im Service. Und - äh - "wohlgenährt", mit unfassbar großem Selbstbewusstsein, dass die Damen in engen Leggins und Tops und die Herren bauchfrei herumlaufen lässt.
Beeindruckt hat uns die Kinderfreundlichkeit. In jedem noch so kleinen Restaurant gibt es selbstverständlich einen Kinderstuhl und meist sogar eine eigene Kinderkarte (zwar leider auch höchst fleischlastig, aber zumindest Pommes oder Pasta gab's immer).

Wir haben versucht, uns mit viel Action fit zu halten, und da bietet Costa Rica wirklich einiges an! Von Tierbeobachtungs-Touren über Wanderungen, Zip-Lining, Baden im Pool, im Fluss und im Meer, bis hin zum Tauchen haben wir alles ausprobiert. Schön war auch, dass wir soviel auf dem Wasser unterwegs waren und wirklich viel Boot gefahren sind.



Ärgerlich für uns war, dass unsere Kamera in der Hälfte vom Urlaub den Geist aufgegeben hat (Platine kaputt, wie ich gestern beim Service erfahren musste), aber die Handyfotos sind auch nicht schlecht. Und geärgert habe ich mich auch darüber, dass beim Zurückfliegen die Amis offenbar genauer meinen Kofferinhalt überprüfen wollten und deshalb mein Kofferschloss aufgeschnitten und alles durchsucht haben. Netterweise durfte ich dann den mitgebrachten Kaffee und die leckere Hershey's Schokosauce behalten.

Das Allerschönste an der ganzen Reise war sicherlich, dass Titus wieder einmal so zufrieden, glücklich und unkompliziert alles mitgemacht hat, was wir uns ausgedacht hatten. Kein Flug war ihm zu lang (das vorbereitete Tablet mit Kinderserien und Spieleapps haben wir nicht einziges Mal ausgepackt), keine Autofahrt zu holprig, keine Bootsfahrt zu wild. Er ist viel gewandert, hat sich über Tiere gefreut und auch das Essen sehr gemocht. Die Zeitumstellung war überhaupt kein Problem und auch die Hitze hat ihn sicher weniger gestört als uns.

Wir wurden mehrfach von anderen Hotelgästen, Wanderern und Restaurantbesuchern angesprochen, dass wir so ein fröhliches und nettes Kind dabei hätten, das ja offenbar sehr viel Spaß am fremden Land hat. Das freut mich immer sehr, vor allem wenn so eine Ansage von Leuten ohne Kinder kommt. Denn ich habe früher bei Reisen Kinder öfter mal als - naja - ein bisserl anstrengend empfunden...

Am besten war aber sicherlich, dass wir alle so viel Zeit füreinander hatten, ganz ohne Termine immer von Tag zu Tag entscheiden konnten, was wir als nächstes unternehmen und wo wir hinfahren. Großer Vorteil einer solchen "spontanen" Reiseplanung ist dabei sicherlich, dass im August in Costa Rica totale Nebensaison ist und wir deshalb in den Hotels und Unterkünften oft fast die einzigen Gäste waren und so nie groß im Voraus buchen mussten. Herrlich!
Und da nimmt man doch gerne mal so einen kleinen oder mittelgroßen täglichen Regenguss in Kauf, oder?!

In diesem Sinne: pura vida!!!!

29.8.16

Von den Bergen zurück nach San José - 28.08.2016

Wieder schlafen wir ewig lange, und blicken beim Aufwachen in den blauen Himmel und die Berge hinaus. Im Zimmer ist es empfindlich kalt, und unsere Haare und Klamotten riechen allesamt nach Kamin.
Wir packen unseren Kram zusammen, angeln unter den Betten nach verloren gegangenen Spielzeugautos (die neueste Leidenschaft von Titus) und spazieren zum Frühstück. Vor uns schwirren winzige Kolibris herum und stecken ihre spitzen Schnäbel in die Blütenkelche.
Zum Frühstück verputzt Titus selbstvergessen und vergnügt drei Scheiben Brot mit der leckeren Brombeermarmelade, hinterher muss erst einmal eine Generalreinigung durchgeführt werden. Zum ersten Mal ist es im Hotel richtig voll, es ist eben Wochenende.

Titus und ich toben noch eine halbe Stunde lang auf dem tollen Spielplatz und vor allem auf dem großen Trampolin. Ist es zu Beginn noch sonnig und so warm, dass ich mir die Jacke ausziehe, bedecken bald schon wieder graue Wolken den Himmel und die Sicht wird schlecht. Also steigen wir ins Auto und fahren Punkt 10 Uhr vom Parkplatz.

Steil führt uns die schmale Straße hinauf, zurück zur Interamericana. Die 85 km bis nach San José scheinen wenig zu sein. Anfangs läuft es super, wir kommen auf der fast leeren Straße gut voran, sämtliche Baustellen (immer mit Warnschildern "Hombres trabajando en carretera" versehen) sind verlassen. Wir sind immer noch auf über 3.000 m, es hat 13 Grad draußen und immer wieder nieselt es. Wolkenschwaden ziehen urplötzlich über die Straße und man sieht kaum die Hand vor Augen. Nicht hilfreich ist, dass die Costa-Ricaner ein seltsames Licht-Gebaren an den Tag legen: meistens fahren sie grundsätzlich ohne Licht (gerne auch nachts und im dichtesten Nebel), oder sie haben das Fernlicht auch bei Sonnenschein an.

Nach etwa der Hälfte der Strecke wird der Verkehr dichter, unzählige Motorrad- und vor allem Rennradfahrer und Mountainbiker sind unterwegs. Inzwischen scheint die Sonne, wir sind schon ein ganzes Stück abwärts gefahren, und wir genießen den Blick auf die Berge und Täler, die kleinen Dörfer und die wunderschön blühenden Pflanzen. Im Autoradio dudelt Radio Dos mit lustigen Oldies, andere Radiosender sind mit ihrem ewigen Gelaber in abartigem Tempo und ihrer Dauerbeschallung mit costa-ricanischen Schnulzen leider nicht zu ertragen.

Titus ist heute zum Glück bestens gelaunt und gibt hin und wieder Bonmots zum Besten. Manchmal habe ich in Gesprächen mit ihm das Gefühl, mitten im Dadaismus gelandet zu sein, drehen sich unsere Unterhaltungen manchmal geradezu absurd im Kreis und sind seine Kausalzusammenhänge hanebüchen. Jetzt möchte er zum Beispiel unbedingt direkt ins Flugzeug einsteigen, und außerdem sollen die Motorradfahrer vor uns auch mitfliegen...

Je näher wir San José kommen, umso enger werden die Straßen, und wir kommen nur noch langsam voran, denn nun ist richtig viel los. Leider ist die Beschilderung wieder einmal nicht eindeutig, und wir irren fast eine Stunde lang durch die Innenstadt. Norman fährt wieder einmal falsch herum in die Einbahnstraße, das Schild "No hay paso" ist wie immer kaum zu erkennen. San José besteht zwar mehr oder weniger aus Straßen, die im Schachbrettmuster verlaufen, doch ohne vernünftige Straßenkarte ist die Orientierung trotzdem schwierig.
Dank guter Teamarbeit finden wir endlich den Weg auf die Stadtautobahn Richtung Flughafen, und auch das Hinweisschild auf unser Hotel direkt in Flughafennähe finden wir recht schnell. Aber dann beginnt die Odyssee, wir fahren kreuz und quer durch die Vorstädte, düsen auf der Autobahn in beide Richtungen, doch ohne Erfolg. So langsam sind wir genervt, wir sitzen fast 3 Stunden im Auto und haben Hunger und Durst.
Also biegen wir kurzentschlossen auf den Parkplatz einer "Applebee's"-Filiale ab und kehren in dieses typisch amerikanische Restaurant ein. Titus entdeckt sofort die riesigen Ketchupflaschen auf dem Tisch und verlangt lautstark nach Pommes. Hier ist an diesem Sonntag Mittag richtig was los, viele Familien sitzen an den Tischen, Costa Rica ist durch und durch amerikanisiert. Derart gestärkt und dank WLAN im Restaurant versuchen wir noch einmal unser Glück und steigen ins Auto. Wieder irren wir ein bisschen herum und finden endlich mehr oder weniger zufällig die Einfahrt ins "Country Inn"-Hotel. Halleluja!

Wir checken in das eher zweckmäßig eingerichtete Zimmer ein, und Norman düst sogleich wieder los, um unser völlig verdrecktes Mietauto in der Niederlassung gleich um die Ecke abzugeben. Ich veranstalte mit Titus derweil ein mittleres Chaos im Zimmer, da wir alle Koffer und Rucksäcke auspacken, um alles Nötige für die Rückreise morgen früh herzurichten. Dann inspizieren wir das Hotel und hocken ewig in der Hotellobby herum, da dort ein Behälter mit Keksen steht.
Norman ist inzwischen dank Shuttlebus zurück und er schnappt sich Titus, um trotz Regen den Pool auszuprobieren. Hier hat es ja immerhin wieder gut 26 Grad! Da die Hälfte unserer Klamotten eh immer noch nass oder zumindest feucht ist, kommt es auf die nun völlig nassen Badesachen auch nicht mehr an - das Zeug muss eh zuhause alles komplett in die Waschmaschine!

Es ist kurz vor 17 Uhr, als Titus sich ins Bett legt und verkündet, dass er jetzt schlafen möchte. Wir beschäftigen ihn damit, ihm sämtliche Blogeinträge vorzulesen und ihm unsere Urlaubsfotos zu zeigen und rekapitulieren ein bisschen unsere Reise. Mehr dazu im Abschlussbericht!

Als wir alles soweit fertig gepackt haben und nichts mehr mit uns anzufangen wissen, gehen wir auf ein letztes kleines Abendessen ins Hotelrestaurant, es gibt Salat mit Avocado und Palmherzen und für Titus noch einmal Penne mit Tomatensauce, dazu verputzt er noch ein Stück Pizza von gestern abend. Wir sind alle müde und so legen wir uns bereits um halb acht alle zusammen ins Bett. Norman liest zum hundertsten Male die Geschichte von Bobo Siebenschläfer im Urlaub vor, und dann löschen wir das Licht.
Morgen früh bringt uns das Taxi um 4:15 Uhr (!!!) zum Flughafen, und dann versuchen wir gleichmal, uns wieder an die mitteleuropäische Zeit zu gewöhnen...

28.8.16

San Gerardo de Dota - Fotos

Auf knapp 3.000 m ist's ganz schön kalt - San Gerardo de Dota (27.08.2016)

Unfassbarerweise schläft Titus fast 12 Stunden mehr oder weniger ohne größere Unterbrechungen. Norman und ich sind längst wach und freuen uns über den Blick auf die Berge und den momentan fast wolkenlosen, blauen Himmel und die Sonnenstrahlen, während Titus um kurz vor 8 Uhr immer noch ratzt. Wir wecken ihn, denn Frühstück gibt es nur bis 9 Uhr und wir müssen langsam los.

Das Kind ist ausgeschlafen und bestens gelaunt und läuft den ganzen Weg ins Restaurant alleine, nicht ohne mir beim Laufen noch zu erklären, dass es "in Costa Rica nicht so viele Kurven" gebe. Aha?! Im Frühstücksraum bekommen wir halbwegs trinkbaren Kaffee, Marmelade aus eigener Herstellung und frischgepressten Obstsaft. Auch den langen Rückweg zu unserem Häuschen läuft Titus alleine, dort packen wir Kraxe und Wandersachen ein und marschieren zum Parkplatz. Direkt daneben ist ein großer Kinderspielplatz, der erste überhaupt, den wir in Costa Rica sehen, und da das Wetter abgesehen von ganz leichten Nieselepisoden durch die wieder tiefhängenden Wolken immer noch einigermaßen gut ist, vergnügen wir uns eine halbe Stunde auf Trampolin, Schaukel und Klettergerüst.

Mit dem Auto geht es dann steil hinunter weiter ins Tal, vorbei an dicht bewachsenen Berghängen und rauschenden Bächen. Am Wegrand stehen immer wieder hübsche Holzhäuser mit netten Cafés und Unterkünften, jedermann winkt freundlich, wenn wir vorbeifahren, eine echte Idylle. Ich zitiere aus dem Reiseführer, in dem vom "ländlichen Charme" dieser Gegend geschwärmt wird, und ganz im Sprachduktus der Lonely-Planet-Autoren verleihen wir der Gegend den Titel "Südtirol Costa Ricas".

Am Ende der Straße parken wir das Auto und machen uns auf, dem gut beschilderten Wanderweg Richtung Wasserfall zu folgen. Es geht in den Nebelwald hinein, immer am Flusslauf entlang. Die Bäume und Steine sind allesamt dicht mit Moosen und Farnen bewachsen, die Luft ist klar und kühl und immer wieder regnet es ein wenig. Fast herbstlich ist die Stimmung. Viele Leute kommen uns entgegen, auch bei den Ticos ist Wochenende und damit Familienausflug angesagt. Tiere sehen wir leider nicht, diese Gegend ist vor allem bekannt bei Vogelfreunden, und dazu gehören wir eher nicht... Fast eine halbe Stunde führt uns der Pfad über Brücken hinab, bis er in einer Art Klamm endet. Dort muss Norman, mit der Kraxe auf dem Rücken steil über glitschige Steine abwärts klettern, bis wir unter einem Felsüberhang am Ende des Weges und dem Wasserfall ankommen. Die Gegend hier ist bekannt für ihr Forellenvorkommen, und so stehen hier,  wie auch den ganzen Weg über, wieder zwei einheimische Angler. Uns wird sogleich ihr bisheriger Fang präsentiert, und kurz darauf zuckt die Angel wieder und eine Forelle wird aus dem Wasser geholt. Titus ist sehr fasziniert davon und so bleiben wir eine Weile hier - da es sowieso gerade ziemlich regnet und wir einen trockenen Unterstand haben, haben wir keine Eile.

Als der Regen nachlässt, machen wir uns auf den Rückweg zum Auto und kehren nach kurzer Fahrt in ein hübsches Café am Wegrand ein. Dieses ist wunderschön gelegen, mit großer Terrasse und Blick auf den Fluss, und von kundiger Hand toll bepflanzt. Ringsum wuchern riesige Hortensienbüsche und Hibiskusbäume, Callas-Blumen säumen den Parkplatz, Rhododenron rankt die Streben hinauf und die meisten Pflanzen kenne ich noch nicht mal. Es ist kühl, wir sitzen mit Jacke auf der Terrasse und bestellen erst einmal Tee und heiße Schokolade, für Titus eine Kürbissuppe aus eigenem Anbau und Norman kommt nicht umhin, die Forellen-Ceviche zu probieren. Wir sind sehr angetan, Titus sitzt sofort wieder in der Hängematte und schaukelt selig, und vor allem Norman kann seine Begeisterung für diese Gegend kaum zügeln. Am meisten gefällt ihm wohl, dass es endlich nicht mehr so heiß ist. Ich bin erleichtert, denn bei der Reiseplanung war er zunächst sehr skeptisch, ob sich ein Abstecher hier überhaupt lohnt und ob wir diesen Teil der Reise nicht überspringen wollen...

Inzwischen haben die Wolken wieder das gesamte Tal eingenommen, es regnet ohne Pause und so verbringen wir den restlichen Nachmittag wieder im Häuschen, mit brennendem Kamin, und machen mit Titus furchtbar viel Quatsch. Wir lachen und tollen im großen Bett herum, bis wir alle fix und fertig und vor allem hungrig sind.
Diesmal marschieren wir an der Straße entlang ein paar hundert Meter bergauf, Titus beleuchtet uns professionell mit der Taschenlampe den Weg. An der nächsten Kehre erspähen wir ein Schild, das auf eine Pizzeria hinweist, dort kehren wir ein. Die "Pizzeria" ist eine kleine Stube mit zwei handgezimmerten, etwas wackeligen Holztischen und echtem Familienanschluss. Der Koch und gleichzeitig Chef ist vielleicht Mitte Zwanzig, spricht ganz passabel Englisch und freut sich über unseren Besuch, so dass er sogleich die kartenspielenden Dorfälteren hinausscheucht, damit wir Platz nehmen können. Am zweiten Tisch sitzt die Dame des Hauses und stickt, unter ihrem Tisch schläft ein großer Schäferhund und auf der Couch schläft ein Schäferhundwelpe.

Nach unserer Bestellung verschwindet Titus mit dem Koch quasi in der Küche, dieser erklärt ihm jeden einzelnen Schritt der Zubereitung und lässt ihn alles probieren und an jedem Kraut schnuppern. Titus ist so hungrig, dass er es kaum aushält, sehr zur Belustigung der Anwesenden. Die Pizza, die bald vor uns steht, ist wirklich lecker, Titus sagt mit vollen Backen: "Das hat der Mann aber super gemacht!" und verputzt fast eine ganze Pizza alleine. Dazu gibt es frischen Blaubeer- und Guavensaft.

Wir unterhalten uns nett mit dem jungen Koch, der offenbar eine große Leidenschaft für Kochen und Lebensmittel hat und begeistert vom tollen deutschen Brot schwärmt. Titus bekommt von ihm noch eine kleine Koch-Figur aus Keramik geschenkt, da es ihm so gut gefallen hat, wie sehr sich Titus für den Kochvorgang interessiert hat. Wie nett! Er packt uns noch die wenigen verbliebenen Pizzareste ein und verabschiedet uns dann sehr herzlich.

Den unbeleuchteten Weg zurück finden wir dank unserer Lampen problemlos und werfen in unserer Unterkunft gleich wieder den Kamin an. Titus ist so geschafft und gesättigt, dass er darauf besteht, sofort seinen Schlafanzug angezogen zu bekommen, und schnarcht kaum 20 Minuten später schon unter der dicken Decke. 

Vom Baumhaus nach San Gerardo de Dota (26.08.2016)

Als Norman morgens kurz nach Sonnenaufgang aufsteht, sieht er beim Blick vom Balkon ein seltsames Felltier unter unserem Baumhaus herumrennen, das sich vielleicht unsere Gurkenschalen einverleibt. Kurz darauf beginnt irgendein Tropenvogel mit enervierender Gleichförmigkeit zu schreien. Trotzdem bleiben wir lange im Bett liegen und genießen den Blick in die Baumkronen, es ist blauer Himmel zu sehen, der Regen hat längst aufgehört. Das ist "Glamping" im besten Sinn, wir liegen mitten in der Natur im Wald in einem ordentlichen Bett und genießen dann eine warme Dusche!
Wir packen zusammen, Titus wuselt wieder herum und räumt fleißig mit und dann brechen wir voll bepackt erst einmal auf zum Frühstück. Titus darf in die Kraxe und feuert Norman mit aufmunterndem "Du schaffst das schon!" an. Als Norman sich beschwert, dass er nun immer noch keinen Tapir zu Gesicht bekommen hat, erwidert Titus: "Aber die Tapire mögen den Regen doch nicht, die haben sich versteckt." Aha.

Schon wieder verschwitzt, kommen wir im Basecamp an und verstauen die erste Fuhre unseres Gepäcks im Auto, bevor wir uns mit Pancakes und viel frischer Wassermelone und Ananas stärken. Danach erbarmt sich Norman und marschiert zurück zum Baumhaus, um den Rest des Gepäcks zu holen, und kommt nach einer dreiviertel Stunde fix und fertig zurück und muss erst einmal noch einmal unter die Dusche.
Wir verabschieden uns sehr herzlich vom ganzen Team der Finca Bellavista, das sich sehr gefreut hat, mit Titus den jüngsten Baumhausbewohner beherbergt zu haben. Um kurz vor 10 Uhr fahren wir los, zunächst 3 km über eine sehr steile Schotterstraße zurück auf die Landstraße. Die Außentemperatur steigt auf über 30 Grad an und ich nutze unser wohlklimatisiertes Auto und breite sämtlichen nassen Klamotten auf den Sitzen und im Kofferraum aus. Schon bald riecht es im Auto recht streng, nach zig Tagen Feuchtigkeit müffelt alles, doch immerhin funktioniert die Trocknung sehr gut.

Auf der unbefestigten Landstraße ist kaum Verkehr, wir kommen schnell voran. Wir passieren zwei große Trucks, die sich aus Ästen und Shirts behelfsmäßige Warndreiecke gebastelt haben, denn der eine ist offenbar bei einem Ausweichmanöver in den Straßengraben gefahren und umgekippt... Bei Palmar Norte verlassen wir die Küsten-Schnellstraße und biegen ab ins Landesinnere und Richtung Berge. Wir folgen dem Lauf des Rio de Térraba, der sich mächtig breit durch eine Schlucht schlängelt. Wir überholen Bananenlaster, deren Fahrer uns freundlich winkend überholen lassen, tanken an einer fast verlassenen Tankstelle und durchqueren das letzte in Costa Rica verbliebene Stammesgebiet der Boruca-Indianer. Dieses ist aber nur durch Verkaufsstände mit indianischen Masken und Kunsthandwerk am Straßenrand als solches zu erkennen.

Wir fahren nun wieder über die Interamericana nordwärts über die Berge, immer noch ist außer uns kaum jemand unterwegs. Erst als wir uns San Isidro de El General, der Bezirkshauptstadt nähern, wird die Straße vierspurig und es ist ein wenig mehr los. Da es inzwischen Mittagszeit ist, parken wir in der turbulenten City und kehren in einem hübschen Café ein. Dort mampft Titus mal wieder mehr als die Hälfte von Normans Sandwich und verlangt dann lautstark noch nach einem Muffin als Nachtisch. Zu unserer Belustigung läuft auf dem großen Fernseher im Café gerade live das Fußball-Bundesligaspiel des FCB aus der Allianz-Arena in München, das hier aber kaum jemanden interessiert.

Weiter geht die Fahrt nordwärts, immer höher hinauf schraubt sich die Straße in immer engeren Kurven. Es beginnt zu regnen, die Wolken hängen so tief, dass vor lauter Nebel kaum noch etwas zu sehen ist, und Norman muss immer langsamer fahren, während das Außenthermometer nur noch 9 Grad (!) anzeigt. Wir fahren und fahren, kommen kaum voran, und so langsam sind wir alle genervt; auch Titus fängt lautstart das Quengeln an und ist kaum noch zu besänftigen. Endlich überqueren wir den "Cerro de la muerte", den höchsten Punkt der Interamericana auf 3.400 m und biegen links ab. Gegen 15 Uhr erreichen wir endlich San Gerardo de Dota und damit unsere Unterkunft, die "Dantica Cloud Forest Lodge".

Es regnet ohne Unterlass, die Wolken hängen so tief, dass wir von der Umgebung kaum etwas sehen, und doch sind wir begeistert: vom Parkplatz aus führt ein kleiner Pfad durch den Nebelwald, es geht gut fünf Minuten in vielen Kehren auf und ab. Wir sind immer noch auf knapp 3.000 m und müssen ganz schön schnaufen... Dann endlich beziehen wir ein kleines, freistehendes Häuschen mitten am Hang, das Richtung Tal komplett mit bodentiefen Fenstern versehen ist und wir so einen wundervollen Blick nach draußen haben. Es ist empfindlich kalt, doch in unserem Wohnraum gibt es einen kleinen Kamin, der Ethanol verbrennt und recht schnell das Zimmer wärmt. Titus ist immer noch ein bisserl quengelig und definitiv nicht ausgelastet nach der langen Autofahrt und redet permanent auf uns ein und tobt durch den Raum. Darauf schenken wir uns erst einmal ein Gläschen Weißwein ein und dann entdecke ich den großen Whirlpool im Bad. Zum Aufwärmen genau das richtige, also lasse ich warmes Wasser ein und verschwinde in der Wanne. Auch hier ist das Fenster bodentief, so dass ich im Liegen einen schönen Blick nach draußen habe. Direkt am Haus hängt ein kleiner Vogelfutterspender, um den unzählige Kolibris herumschwirren.

Es dauert nicht lange, da steigt Titus mit in die Wanne und bald sitzt auch Norman mit drin. Wir lassen uns beblubbern und beobachten die Vögel draußen, danach suchen wir uns erst einmal lange Hosen und Pullis aus unseren Rucksäcken heraus, die Sachen haben wir in den drei Wochen Urlaub noch gar nicht gebraucht.
Den Nachmittag verbringen wir in unserem Häuschen, es regnet, und drinnen ist es mit dem Kamin und dem Panoramablick sehr gemütlich. Zum Abendessen marschieren wir, ausgerüstet mit Stirn- und Taschenlampen, etwa 10 Minuten durch den Wald bis zum Restaurant, wo wir uns mit leckerem Rotwein, Salat und Pasta stärken. Titus möchte beim Zurücklaufen getragen werden, die Dunkelheit ist ihm ziemlich unheimlich.
Um halb neun legen wir uns alle zusammen in das große, weiche Bett und sind froh über die dicken Daunendecken, unter denen es bald schön warm wird. Keine fünf Minuten später ist der völlig übermüdete und aufgedrehte Titus eingeschlafen.

26.8.16

Nass im Baumhaus (25.08.2016)

Das stetige Rauschen des nahe gelegenen Flusses und das Zirpen der Grillen haben eine solch betäubende Wirkung auf mich, dass ich erstaunlich gut schlafe. Nachts kühlt es tatsächlich ein wenig ab, wir sind froh über das dünne Laken zum Zudecken. Wir schlafen diesmal zu dritt in einem leider nicht allzu breiten Bett und Norman klagt über Titus' raumgreifendes Schlafverhalten. Doch obwohl natürlich bereits ab 6 Uhr das Tageslicht durch die offenen Fenster hereinscheint, schlafen wir bis kurz vor 7 Uhr bestens.
Nach dem Aufwachen bleiben wir noch eine Weile im Bett liegen, schauen dem erwachenden Regenwald zu und lauschen den vielfältigen Geräuschen. Nach einer warmen Dusche ziehen wir Gummistiefel an und machen uns auf, zurück ins Base Camp zu marschieren, dort gibt es Frühstück.

Der gut zehnminütige Marsch tut gut zum Aufwachen, Titus hat Norman fest im Griff und erwartet, bestimmte Etappen des zum Teil sehr rutschigen und steilen Weges auf den Schulter sitzend getragen zu werden. Im Restaurant angekommen, stärken wir uns, Titus mampft Spiegelei und Reis mit Bohnen zum Frühstück, es gibt frischen Saft von Früchten, deren Namen ich noch nie gehört habe, und viel frisches Obst.
Es ist gemütlich hier, wir sitzen eine Weile, plaudern mit den sehr jugendlichen Mitarbeitern und trinken sogar noch eine zweite Tasse Kaffee.

Bis wir zurück in unserem Baumhaus sind, sind wir schon wieder schweißgebadet, obwohl der Himmel dicht bewölkt ist, ist es unter dem dichten Blätterdach stickig-warm.
Mir schlägt die Luftfeuchtigkeit und die Hitze auf den Kreislauf, mir ist schwindlig und ich komme überhaupt nicht in die Gänge, kann mich dann aber doch zu einer kleinen Wanderung aufraffen.

Wir wollen wieder zum Fluss, diesmal an eine Stelle, an der man bestens baden können soll. Die Wanderung ist länger als gedacht, die Wege zum Teil sehr steil, die Steine glitschig und moosbewachsen und der Pfad manchmal sogar fast zugewachsen. Wie empfohlen, marschiere ich in Gummistiefeln, Titus und Norman haben Wanderschuhe an, es gibt wohl Schlangen und sonstiges giftiges Viehzeug hier. Wir sehen aber nur ein eichhörnchenähnliches Felltier über den Weg sausen und hören die Tropenvögel schreien.
Nach knapp einer Stunde haben wir den steilen Abstieg zum Flussufer hinter uns gebracht, um unten festzustellen, dass der Wasserpegel so angestiegen ist, dass Baden unmöglich ist. Wir begutachten das Ufer von verschiedenen Positionen aus und beschließen nach längerer Diskussion, den ganzen Weg zurückzugehen und an die Badestelle von gestern zu gehen.

Als wir durch den Wald wieder hinaufsteigen, fängt es an zu regnen, zuerst so sanft, dass wir durch das dichte Blätterdach kaum etwas spüren, doch bald immer heftiger Wir erreichen eine kleine überdachte Bank am Wegrand und harren den heftigen Regenguss im halbwegs Trockenen aus. In kürzester Zeit entstehen riesige Pfützen auf dem Wanderpfad, es gießt und gießt und leider ist kaum etwas vom Himmel zu sehen, so dass wir nicht abschätzen können, wie lange der Regenguss noch dauert.
Als der Regen ein klein wenig nachlässt, stecken wir Titus in die Regenjacke und in die Kraxe, Norman nimmt den Schirm in die Hand und ich beiße in den sauren Apfel und marschiere ohne Regenschutz weiter. Obwohl wir uns beeilen, müssen wir an den nassen Steinen und Wurzeln doch aufpassen, und so brauchen wir eine ganze Weile, bis wir wieder zurück in unserer Behausung sind. Mitten über den Pfad fließen nun kleine Sturzbäche, und wir sind froh, dass wir das Bad im Fluss gar nicht erst ausprobiert haben...

Triefend betrete ich unser Baumhaus, schon wieder ist eine Garnitur Klamotten patschnass, an unserer Terrasse reiht sich auf der Wäscheleine ein nasses Kleidungsstück an das andere. Alle Bücher, alle Textilien sind klamm, unsere Handtücher im Bad helfen kaum noch beim Abtrocknen. Nichts davon trocknet auch nur ansatzweise, wir brauchen morgen bei der Abreise wohl eine große Plastiktüte, um alles zu verstauen.

Zum Glück ist es immer noch warm genug, um einfach im T-Shirt auf der Terrasse zu sitzen, wo wir ein kleines Picknick veranstalten und danach eine ganze Weile zusammen mit Titus spielen. Gegen halb zwei frage ich ihn, schon wieder kreislaufgeplagt und mit zufallenden Augen, ob er Lust hätte, sich mit mir hinzulegen. Er legt sich mit mir ins Bett, und keine Minute später sind wir beide eingeschlafen. Norman weckt uns mehr als zwei Stunden später mit dem Hinweis, dass es zum einen immer noch regnet und zum anderen der Nachmittagskaffee fertig sei.

Den Rest des Tages können wir uns nicht aufraffen, nochmal das Haus zu verlassen, aber bis auf ein paar kurze Nieselpausen gießt es weiterhin. Wir spielen, singen, lesen und beschäftigen uns immer mit direktem Blick in den nebligen Regenwald, der seinem Namen alle Ehre macht.
Ab halb sechs dämmert es, eine halbe Stunde später ist es stockfinster und wir werfen den Gasherd an und kochen Spaghetti mit Tomatensauce, die wir im Kerzenlicht essen.
Immerhin sorgt der Dauerregen dafür, dass heute längst nicht so viele Fliege-Insekten umherschwirren wie gestern.
Aber außer im Schein der Stirnlampe zu lesen gibt es nichts mehr zu tun, also gehen wir früh alle zu dritt in unser Bett, ziehen das Mückennetz zu und lassen uns von dem Prasseln des Regens einschläfern.

Von Bahìa Drake nach La Florida de Piedras Blancas ins Baumhaus (24.08.2016)

Unsere Kamera hat leider den Geist aufgegeben, auch die neu gekaufte Speicherkarte brachte keine Abhilfe, sie verweigert einfach den Dienst und gibt nur spekulative Fehlermeldungen von sich. So ein Mist, denn zu gerne würde ich diesen so fotogenen Ort, an dem wir heute angekommen sind, festhalten. Nun muss die Iphone-Kamera herhalten, wenn auch qualitativ nicht optimal...
Aber wieder einmal der Reihe nach:

Um 6 Uhr klingelt mein Wecker, ich höre noch ein paar Atemzüge lang dem Rauschen der Wellen zu. Dann packe ich meinen Rucksack und Titus' Koffer fertig, während selbiger noch in Seesternposition mitten im Bett liegt und selig schläft. Als unser Bungalow soweit geräumt ist, ist auch Titus' Nacht zu Ende, eine letzte Schale Müsli, und schon werden wir zum Strand hinunter gescheucht. Wir verabschieden uns herzlich vom Team des "Pirate Cove" und besteigen das Boot, das nun bei Flut problemlos direkt in der Lagune vor dem Hotel anlegen kann.

Los geht die Fahrt, zunächst rüber nach Bahìa Drake. Dieser Ort heißt natürlich so, weil in der Bucht tatsächlich Sir Francis Drake im Jahre Fünfzehnhundertirgendwas geankert hat, um seine Vorräte aufzufüllen. Dort steigen wir auf ein sogenanntes "taxi boat" um. Mit hoher Geschwindigkeit rast der Kapitän dann über das heute sehr ruhige Meer, und dann weiter durch den zunächste mächtigen Rio de Tarraba. Die Seitenarme, in die wir einbiegen, werden nach und nach immer kleiner, die Mangroven dichter. Titus ist noch nicht ganz wach, er kuschelt sich abwechselnd eng an Norman oder mich und guckt einfach friedlich aufs Wasser. Nach gut einer Stunde Fahrt erreichen wir Sierpe und steigen mitsamt allen Fahrgästen und unserem ganzen Gepäck aus.

Im "Soda" direkt am Hafen machen wir eine kurze Verschnaufpause und trinken frischen Ananassaft. Der Kokosnuss-Verkäufer am Straßenrand gegenüber füttert gerade eine großen Leguan mit Kokosfleisch und erzählt uns stolz, dass "sein" Leguan Tito heiße und täglich vorbeikomme. Als wir ihm erklären, dass unser Sohnemann, der sehr neugierig der Fütterung zuschaut, ebenfalls Titus heißt, bekommen wir gleich mal eine frische Kokosnuss in die Hand gedrückt und schlürfen das Wasser darin.

Norman löst unser Auto vom bewachten Parkplatz aus, und wir steigen ein, froh um die Klimaanlage bei bereits gut 30 Grad morgens um 9 Uhr. Die schmale Straße führt uns wieder an Bananen- und Ölpalmplantagen vorbei, und ich entdecke zufällig ein Schild, dass uns auf die  "Finca 6", eine archäologischen Stätte mitsamt Museum, hinweist, von der ich gestern zufällig gelesen habe. Kurzerhand biegen wir ab und stehen kurz darauf vor dem Museum, das 2014 erbaut wurde, als dieser Ort Unesco-Weltkulturerbe wurde.
Hier sind unzählige Steinkugeln ausgestellt, die die indigene Bevölkerung etwa um 800 v.Chr. geformt hat und deren Bedeutung bis heute unklar ist. Diese Kugeln haben einen Durchmesser von bis zu 2 m und waren möglicherweise eine Art "Rangsymbol"  - zumindest scheint vor jeder Behausung, deren Überreste ebenso aufgefunden wurden, am Eingang so eine Kugel gestanden zu haben.
   
Wir sind die einzigen Besucher, langwierig erklärt man uns an der Kasse die Ausstellung, wir schwitzen und wollen nur weitergehen, in einen möglichst klimatisierten Raum. Immerhin stehen dann im Museum ein paar Ventilatoren herum, wir lesen ein paar Infotafeln, gucken ein kurzes Video und müssen dann tatsächlich nach draußen in die Hitze. Wir laufen durch Tropewald, überall krabbelt und schwirrt es, auf dem lehmigen Weg kriechen Tausendfüßler, ganze Blattschneideameisen-Autobahnen kriechen darüber, Titus jammert bereits nach ein paar Minuten nach einem Getränk und will wieder ins Auto. Wir erreichen die erste Grünfläche, hier liegen ein paar Mauerreste von Behausunge herum. Auf der nächsten Wiese stehen dann ein paar der Steinkugeln. Leider sind viele davon nicht mehr an ihrem ursprünglichen Standort aufgefunden worden, so dass nicht klar ist, ob die Kugeln zueinander in einem bestimmten Muster oder einem bestimmten Gebiet standen.

Hmmm, so richtig spannend ist die ganze Ausstellung nicht, und mehr gibt es auch nicht zu sehen, also eilen wir zurück zum Auto. Auf dem Rückweg durch den Wald entdecke ich tatsächlich noch ein Rudel Totenkopfäffchen, diese Affenart hat uns noch gefehlt! Leider wird meine Freude darüber nicht geteilt, die Herren möchten zur Klimaanlage zurück, also steigen wir ins Auto (das Thermometer dort zeigt 34 Grad an, und das bei dichtbewölktem Himmel) und fahren weiter.
In Palmar Norte, zurück an der Interamericana, machen wir noch einen Großeinkauf im Supermarkt, in dem ohrenbetäubend laut irgendwelche Werbeslogans laufen und Titus mindestens ebenso laut die Einkaufsliste vorträgt.

Bei der Weiterfahrt schläft das Kind ein, und wir können in Ruhe der Wegbeschreibung zur nnächsten Unterkunft folgen. Beim Nationalpark Piedras Blancas verlassen wir die Interamericana, die die letzten 50 Kilometer immer schmaler und holperiger wurde, und biegen auf einen Schotterweg ab. Dieser führt steil hinauf, so dass das Auto nur im ersten Gang zu fahren ist und wir ganz schön durchgeschüttelt werden. Nach drei Kilometern stehen wir endlich vor einem Gatter und erreichen die "Finca Bellavista".

Hier beziehen wir eines der vielen Baumhäuser, die mitten in den Regenwald gebaut wurden. Jedes der Häuser sieht anders aus, in manchen gibt es Strom, in unserem nicht. Die Häuser sind nur zu Fuß erreichbar, eine richtige Wanderung steht dafür an, und wir werden an der Rezeption erst einmal mit Leih-Gummistiefeln versorgt und bekommen Unterstützung beim Gepäcktragen. Also marschieren wir schwer bepackt los, Norman mit einer Mitarbeiterin voraus, ich langsam mit Titus hinterher, der wieder einmal fleißig marschiert. Es geht über eine Hängebrücke, steile Wege und glitschige Stufen immer tiefer in den Wald hinein, überall zirpt und tropft es. Wir sind alle schweißgebadet, die Luftfeuchtigkeit ist immens hoch, als wir endlich unser Baumhaus "El Fenix" erreichen.
Über zwei Stockwerke groß steht es am Hang, mittendurch wächst ein großer Baum. Wir haben ein kleines Wohnzimmer mit Miniküche, ein schickes Bad mit solarbetriebener Warmwasserdusche, ein Schlafzimmer mit offenen, fliegengitterverhängten Fenstern und als Knüller eine große Terrasse auf Baumkronenhöhe mit Rundumblick. Der Knüller! Den Tipp für diese Unterkunft haben wir von meiner lieben Kollegin Laura bekommen, die letztes Jahr ein paar Tage hier verbracht hat, und ich muss sagen: das ist schon ein sehr besonderer Übernachtungsort!!!

Wir richten uns ein, und da wir alle klebrig und verschwitzt sind, marschieren wir schnell los zum nahe gelegenen Fluss mitsamt Wasserfall. Steil geht es über rutschige Stufen in die Tiefe, doch das Wasser unte ist herrlich und wir freuen uns über die Abkühlung. Leider können wir nicht lange bleiben, der Donner grollt am Himmel und es fängt an zu tröpfeln. Also wird Titus wieder in die Kraxe gepackt und Norman schleppt ihn zurück zum Baumhaus. Bis wir oben sind, sind wir schon wieder nass und müssen alle erst einmal unter die Dusche.

Am späten Nachmittag machen wir uns noch einmal auf und wandern zurück zum sog. "Base Camp", also zum Haupteingang, denn dort gibt es eine tolle offene Terrasse und ein gekühltes Getränk. Mit frischem Fruchtsaft (z.T. mit Rum vermischt) legen wir uns in die Hängematten und genießen den Blick ins Grüne, Titus schaukelt völlig entspannt mit und strahlt bis über beide Ohren, es scheint ihm hier also zu gefallen!

Um kurz vor 18 Uhr machen wir uns auf den Rückweg in unsere Hütte, für den Weg durch den Wald brauchen wir bereits unsere Stirnlampen, stören dabei eine dicke Kröte auf und werden von zig Insekten umschwirrt. Im Baumhaus machen wir alle Kerzen und die batteriebetriebenen Campinglampen an, werfen den Gasherd an und kochen endlich wieder einmal, worüber sich vor allem Chefkoch Titus freut. Es gibt Reis mit Gemüsesauce, doch nachdem ich die heute mittag gekaufte Kokosmilch dazugegeben habe, stelle ich fest, dass diese leider gezuckert war und nun das ganze Essen wie eine schlechte Pina Colada schmeckt. Igitt!

Also essen wir zumindest den Reis und genießen die völlige Dunkelheit und die Dschungelgeräusche rundherum. Als die Männer ins Bett verschwinden, sitze ich mit Laptop auf der Terrasse und schreibe meine Eindrück nieder - gar nicht so einfach, werde ich doch stetig von ins Licht flatternden Käfern angefallen und erschrecke bei jedem laut Knarzen und Knistern neben mir. Ein bisschen froh bin ich, dass ich so im Dunklen gar nicht richtig sehen kann, was hier um mich herum alles so kreucht und fleucht...