13.7.15

Der letzte Tag in Peking


Was die Chinesen nicht können: Chips (gibt's zwar in seltsamen Geschmacksrichtungen wie "Honig" oder "Gurke", schmecken aber allesamt fad" und Flipflops. Wir suchen seit geschlagenen zwei Wochen in jeder Shoppingmall und in jedem Fake-Market nach Flipflops, doch leider erfolglos. Es gibt kaum welche, wenn überhaupt, dann nur in pink mit Glitzer und Absätzen, und bei den zwei halbwegs neutralen Paaren wollten die Verkäufer jeweils einen horrenden Preis. Also werden wir China wohl zwar mit einem gut mit vielen Einkäufen gefüllten neuen Koffer verlassen, aber ohne Flipflops.

Heute, an unserem letzten Tag in Peking, schläft Titus erst einmal ausgiebig aus und frühstückt dann quietschvergnügt und von der netten Angestellten Julia (alle Chinesen haben außer dem chinesischen Namen noch einen für Ausländer einfacher auszusprechenden englischen Namen) gut unterhalten gegen halb elf. Gerade heute müssen wir aber packen und unser Zimmer räumen, für die letzte Nacht hier im Bed&Breakfast müssen wir in ein kleineres Zimmer umziehen.

Draußen in der Sonne ist es nicht auszuhalten, wie in der Sauna brennt sich die trockene Hitze in die Haut, und der leichte Wind fühlt sich an wie ein heißer Föhn. Wir eilen zur U-Bahn und fahren noch ein letztes Mal zum Silk Market, der großen Fake-Shopping-Mall, nach Yong'anli. Für die fünf Stationen mit der Metro müssen wir zweimal umsteigen und endlose Strecken in den Bahnhöfen zurücklegen. Doch egal, wieviele Rolltreppen wir heute oder in den vergangenen Tagen passieren mussten: jede war in Betrieb, keine einzige stand still. Technische Probleme gibt es bei Pekings Rolltreppen offenbar nicht.
Im Market ist heute bei den heißen Temperaturen ordentlich viel los, und nach unseren ganzen Shoppingerfahrungen in typisch chinesischen Geschäften geraten wir hier an rein auf Touristen geschulte Verkäufer, die deutlich unnachgiebiger bei Preisverhandlungen sind.
Da wir gestern abend einen von Titus' Schuhen verloren haben, bleibt uns aber nichts anderes übrig, als das einzige halbwegs vertrauenswürdige und nicht aus Plastik bestehene Paar Kindersandalen zu einem immer noch stolzen chinesischen Preis von 100 Yuan (15 Euro) zu erstehen, außerdem noch ein wenig Computerkram und ein paar Mitbringsel.
Hier macht das Einkaufen aber wegen der völlig überteuerten Preise nicht ganz so viel Spaß, deshalb brechen wir auch recht schnell ab, nachdem wir auch die Mittagspause im Essensbereich verbracht haben; hier kosten die einfachen Gerichte doppelt so viel wie im chinesischen EInkaufszentrum, in dem wir vor zwei Tagen waren.
Für den Rückweg brauchen wir wieder fast eine dreiviertel Stunde, und praktischerweise verfällt Titus in seinen Mittagsschlaf, just als wir vor unserer Unterkunft ankommen. Damit haben wir zwei Stunden "frei", trinken Kaffee, lesen und dösen und halten uns aber ausschließlich in geschlossenen Räumen auf, denn selbst im Hof ist es bei etwa 45 Grad nicht besonders angenehm.
Am späten Nachmittag klingelt es an der Eingangstür, und unsere geschneiderten Klamotten werden geliefert. Auf den ersten Blick sieht alles super aus, die richtige Anprobe werden wir aber erst zuhause machen, jetzt ist es zu warm und für Änderungswünsche eh zu spät...


Für den Abend hat die Gastwirtin Angela uns zum Dumpling essen eingeladen, sie steht ab 17 Uhr in der Küche, knetet Teig, bereitet verschiedene Füllungen zu und lässt uns zuschauen, wie sie die kleinen Teigtaschen gekonnt und sogar mit Stäbchen füllt und zusammenklebt, während Titus um sie herumwuselt und ihr kleiner Hund auf Leckereien hofft.

Das Essen ist himmlisch, es gibt drei verschiedene Sorten Dumplings, außerdem gebratene Auberginen, marinierte Gurken und kurz gebratenen Blumenkohl, und wir essen, bis wir fast platzen. Außer uns sitzt noch ein älteres australisches Paar mit am Tisch, das von Cairns ibs Peking mit Schiff und Zug unterwegs war und hier in Peking in die Transsibirische Eisenbahn nach Moskau einsteigt, um anschließend weiter durch Europa zu reisen. Wir unterhalten uns sehr nett, und endlich, endlich finden wir die Gelegenheit, den beiden unsere letzten Scheine mongolischer Tögrök in die Hand zu drücken, die wir bei der Ausreise nicht rechtzeitig umgetauscht haben.

Nach dem Essen lasse ich es mir gutgehen, eine Freundin von Angela kommt vorbei, sie betreibt einen Nagelsalon in der Nähe und hat sich bereit erklärt, sich vor unserer Abreise meiner Hände und Füße anzunehmen. Im glasüberdachten Gang wird ein "Beautysalon" improvisiert, ich sitze auf einem Hockerchen, die Dame sitzt vor mir, links und rechts gesellen sie die Angestellten und Angela zu mir, und es wird lustig geplaudert, natürlich auf Chinesisch, während Angela ein bisschen übersetzt. Das ist sehr gemütlich, und Titus und Norman, die immer mal wieder vorbeispazieren, gucken mit großen Augen zu.

Als die Verwöhnstunde viel zu schnell vorbei ist, stehen Norman und ich in der heißen Nachtluft noch eine Weile auf der Dachterrasse, trinken ein letztes Bier auf unsere Reise und genießen den Blick über die vielen Dächer der umliegenden Hutongs, während Titus immer noch nicht recht weiß, ob er den kleinen Hund hier interessant oder eher beängstigend finden soll.
Nun ist es bereits kurz vor 23 Uhr, wir haben fertig gepackt, einiges aussortiert, das Neugekaufte untergebracht, das Bier ist leer, und unsere aufladbaren U-Bahn-Karten haben wir nun auch weiterverschenkt. Titus ist gerade eingeschlafen. Eine letzte Nacht noch, und morgen früh geht es dann schon Richtung Flughafen. Zwei Monate sind vergangen, und wir haben soviel erlebt, dass die Zeit viel zu schnell an uns vorbeigerauscht ist. Noch in Moskau konnte Titus weder laufen noch sprechen, 8 Wochen später hat er so viel Neues gelernt, und Norman und ich waren beide tagtäglich jeden Moment mit ihm zusammen und konnten alles miterleben. Wir sind uns einig: diese Reise hat sich gelohnt!

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