9.7.15

Zurück in Peking

Und schon sind wir wieder in Peking - nach drei Tagen idyllischem Landleben und fünf Tagen am Strand könnte der Kontrast, wieder in der Millionenstadt zu sein, wirklich kaum größer sein!

Unsere Rückfahrt aus Qinhuangdao verlief erstaunlich reibungslos, die Taxifahrerin brachte uns zum Bahnhof und umfuhr alle Staus problemlos, zum Glück betrug der Fahrpreis nach Taxameter nicht sooo viel weniger, als wir dem Schlitzohr-Taxifahrer bei der Hinfahrt zum Hotel gezahlt hatten. Im Bahnhof wieder das Übliche: halbstündiges Schlangestehen vor dem Check-In-Schalter. Die Chinesen neigen ja dazu, bei jeder sich bietenden Gelegenheit brav eine vorbildliche Schlange zu formieren, doch sobald es dann endlich losgeht, bildet sich urplötzlich die "Formation Wolke", wie Norman so schön dazu sagt, und das Chaos bricht aus. So auch hier wieder: gut 10 Minuten vor Abfahrt des Zuges werden die Schalter geöffnet, und alle versuchen nun, möglichst gleichzeitig durch die Ticketkontrolle zu kommen. Zum Glück nehmen es einem die Chinesen nicht übel, wenn man ihnen dabei mit dem Kinderwagen in die Hacken fährt...
Auch am Gleis selbst bilden sich sofort Schlangen, da auf dem Boden genauestens eingezeichnet ist, wo sich für welchen Wagen der Zustieg befindet. Sieht in der Theorie wieder alles bestens aus, doch als der Zug einfährt: Hektik! Im engen Wagon stapeln sich alle übereinander, es wird gequetscht, geschoben und gezetert, doch als alle Fahrgäste und Gepäckstücke endlich verstaut sind, kehrt Ruhe ein. Die 2 1/2-stündige Fahrt vergeht wie im Fluge, Titus schläft, wir dösen, nur unterbrochen von der eifrigen Mülleinsammlerin, der Fahrkartenkontrolleuse, die auch zugleich genauestens die Gepäckstücke in der Ablage über den Köpfen nachjustiert, kein Griff, keine Schlaufe darf über den Rand lugen und wird ansonsten sofort verstaut.

Endlich am Bahnhof in Peking angekommen, trifft uns die dortige Hitze wie ein Schlag - am Meer noch war es durch den stetigen Wind so angenehm erträglich, hier dagegen herrschen gut 33 Grad und die Luft ist zum Schneiden. Zum Glück müssen wir uns diesmal nicht den schlitzohren, schlitzäugigen Taxifahrern ausliefern, denn Angela, die Inhaberin unserer nächsten Unterkunft, hat von sich aus angeboten, uns am Bahnhof abzuholen. So steht sie auch draußen und erwartet uns, doch die wenigen Meter, die wir bis zum geparkten Auto zurücklegen, reichen aus, um völlig verschwitzt zu sein. Nur Titus, der gerade aufgewacht ist, winkt schon wieder fröhlich in die Menge. Und die ist immens, auf dem Bahnhofvorplatz sind noch mehr Menschen unterwegs, als noch vor zwei Wochen - in China haben offenbar in der Zwischenzeit die Schulferien begonnen, und so sind Groß und Klein unterwegs...

Nach einer halbstündigen Autofahrt biegt Angela von einer vielbefahrenen Straße rechts ab, und wir kurven durch ein wunderhübsch renoviertes Hutongviertel, mit Seerosenteichen, niedlichen Brücken, typisch chinesischen Dächern, schönen Ziegelmauern - und ohne Verkehr und Lärm! Bald halten wir vor einem solchen Häuschen, hier befindet sich das "Mao'er 28"Bed&Breakfast, in dem wir die nächsten 6 Tage wohnen werden. Es handelt sich dabei um zwei durch ein Glasdach überbaute Hutonghäuser, mit viel Grün im so entstandenen "Wintergarten". Hier wir beziehen eine tolle Unterkunft aus zwei Zimmern und Bad, liebevoll traditionell chinesisch möbliert und mit einem nagelneu angeschafften Kinderbett für Titus.
Bis wir uns eingerichtet und mit Angela die wichtigsten Punkte auf dem Stadtplan abgeklärt haben, vergeht der Nachmittag, und wir brechen erst am frühen Abend auf zu einer ersten Erkundung unseres Viertels "Shishahai". Kaum sind wir um die Ecke gebogen, staunen wir nicht schlecht: rund um einen malerischen See finden sich an der Promenade in den Hutonghäusern Kneipen, Bars und Restaurants, dazwischen drängeln sich Souvenirshops, Riskafahrer bieten lauthals ihre Dienste an, und Menschenmassen, bestehend aus Pekingern und Touristen, schieben sich durch die engen Gässchen. Ein richtiges Ausgehviertel also.

Wir spazieren herum, schlendern an den vielen Bars vorbei, in denen in jeder einzelnen eine Sängerin live Balladen und chinesische Hits zum besten gibt, und finden endlich das uns empfohlene "Hot-Pot"-Restaurant. Es ist ordentlich voll, vor der Tür bildet sich bereits eine Schlange, und jeder Wartende bekommt eine Nummer ausgehändigt. Nach längerem Gestikulieren erfahren wir, dass wir mindestens eine Stunde auf einen Tisch warten müssen. Na gut, wir vertreiben uns die Zeit damit, mit Titus am Seeufer die Boote anzuschauen, der kleine Kerl will aber lieber auf eigene Faust herumlaufen und wird wieder einmal ein begehrtes Fotoobjekt von den vielen, vielen Flaneuren. Selfiesticks sind hier übrigens weit verbreitet, kaum einen Chinesen sieht man ohne so ein Utensil!

Endlich bekommen wir unseren Tisch draußen auf der Terrasse. Doch Titus ist leider inzwischen bereits so ausgehungert und müde, dass er nur noch bockt, alles Essen verweigert und kaum noch zu bändigen ist. Das ist wirklich schade, denn der Hot-Pot ist toll, und unsere nette Vermieterin hat uns auch bestens mit einem Zettel ausgestattet, auf dem auf Chinesisch bereits die gesamte Bestellung vermerkt ist, und den wir einfach der Bedienung in die Hand drücken. So stehen bald diverse Schälchen mit Dips, eine Gemüseplatte und ein Teller mit verschiedenen Pilzen vor uns, außerdem Nudeln, die wir allesamt in die kochende Brühe im Topf vor uns geben.
Es hat immer noch mindestens 28 Grad, obwohl es schon längst dunkel ist, und der glühende Topf vor uns so wie die zum Teil scharfen Saucen führen dazu, dass es uns ganz schön warm wird. Da Titus brüllt wie am Spieß, essen wir so schnell wie möglich, richtig genießen können wir das leckere Mahl nicht, und wir brechen auf, obwohl unsere Teller und die Schüssel noch reichlich gefüllt sind.

Zum Glück ist es bis zu unserer Unterkunft nicht weit, denn Titus verweigert nun auch den Kinderwagen kategorisch und klammert sich mit Händen und Füßen an mich, also trage ich ihn die 10 Minuten Weg, und freue mich, als wir endlich unser klimatisiertes Zimmer erreichen. Der Tag war für uns alle recht turbulent!

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen