2.7.15

Urlaubsfeeling

Meine Schnupfennasigkeit hat gestern hoffentlich ihren vorläufigen Höhepunkt erreicht; zum Glück sind Titus und Norman bislang davon verschont geblieben!

Wir genießen hier in unserem Häuschen so richtig mal das Sommerurlaubsfeeling und tun eigentlich nicht besonders viel. Schön ist es, mal wieder ein wenig "Alltag" zu haben, wir frühstücken gemeinsam draußen im Garten, vormittags wird im großen aufblasbaren Pool gebadet. Den hat Norman nach längerem Stöbern nämlich entdeckt, die elektrische Luftpumpe zum Glück auch, und nun sitzen die Herren stundenlang im Wasser und hantieren mit Bechern, Bällen, Löffeln und anderem Spielzeug vor sich hin. Heute haben wir auch gleich noch die Gelegenheit genutzt, die Waschmaschine anzuwerfen, die hier in der Küche steht, die saubere Wäsche hängt schon draußen im Garten über der Wäscheleine und trocknet in der Sonne. So sparen wir uns einen Gang zur Wäscherei und sollten nun bis zur Abreise halbwegs mit unseren Klamotten auskommen.

Mittags wird gekocht, gestern gab es richtiggehende europäisch-asiatische "Fusion-Küche", mit dem restlichen Buchweizen aus Moskau, frischem Gemüse und der hier im Küchenschrank vorrätigen Austernsauce. Das hat Titus gleich so gut geschmeckt, dass wir davon ein bisschen Vorrat für die kommenden Tage im Kühlschrank deponiert haben.
Gestern wurde das hochsommerliche Wetter im Lauf den Mittags und Nachmittags immer schlechter, aus den kleinen Wölkchen wurde eine immer dichtere und zunehmend grauere Bewölkung, und es nieselte immer mal wieder leicht. Trotzdem rafften wir uns nach dem langen Mittagsschlaf auf, um endlich die Chinesische Mauer zu besichtigen. So spazierten wir durch das Dorf, grüßten freundlich links und rechts, und Titus bekam von einer zahnlosen Oma einen frischen Pfirsich in die Hand gedrückt.

Als wir die Schranke erreichten, die den Zugang zu den Sehenswürdigkeiten bildet, zahlten wir den Eintritt und wanderten gut eine halbe Stunde bergauf, vorbei an einer großen Buddhastatue, nicht existenten Wasserfällen und sonstigen Highlights, alles dicht an dicht beschildert und mit teils eigenwilligen englischen Übersetzungen. Überall reiften an den Bäumen ringsum Aprikosen, Birnen und sonstige Früchte, das Gebiet hier ist bekannt als Obstliefergebiet und Herkunftsort der Kräuter, die in der traditionellen chinesischen Medizin Anwendung finden.
Als wir oben am Pass anlangen, staunen wir nicht schlecht - die großzügig angelegten Parkplätze, Restaurants, Touristen-Informationsschalter und Infotafeln lassen darauf schließen, dass hier an den Wochenenden und der Ferienzeit mit ziemlich viel Besucherandrang zu rechnen ist. Doch heute ist außer uns kaum ein Mensch zu sehen, was auch daran liegen könnte, dass der Wind inzwischen empfindlich aufgefrischt hat und schwarze Wolken über die Berge heranziehen. Noch lassen wir uns davon nicht weiter stören, bestaunen die steil auf den Bergrücken hinaufsteigende Mauer, die fast senkrecht gebaut ist.

Gerade als wir beschließen, dne Aufstieg zum nächstgelegenen Wehrturm zu wagen, peitscht ein weiterer Windstoß heran und plötzlich beginnt es zu stürmen und zu regnen. Wir rennen zurück zum großen Parkplatz und retten uns dort unter ein Vordach, während wir mindestens eine halbe Stunde abwarten, bis eine leichte Wetterbesserung eintritt. Der Dorfbewohner, der mit uns auf das Nachlassen des Regens wartet, versucht ein Gespräch mit uns anzuknüfen, doch außer "Ni hao" verstehen wir rein gar nichts - das hält ihn aber, wie die meisten anderen Chinesen auch, nicht davon ab, weiter auf uns und vor allem auf Titus einzureden.
Endlich wird es heller, und wir treten den Rückweg an, auf die Besteigung des Mauerabschnitts verzichten wir, da der steile Aufstieg bei der Nässe sicher nicht so ganz ungefährlich ist. Kaum sind wir wieder unten im Dorf angelangt, reißt der Himmel auf und die Sonnenstrahlen brechen durch, das war schlechtes Timing.

Am Abend kehren wir wieder auf gut Glück in eines der beschilderten "Farm Houses" ein, ein zahnloser Opa weist uns den Weg ins Innere des Hauses, als wir gestikulierend nach Essen fragen. Innen stehen ein paar Tische, und an einem davon sitzt eine amerikanische Jugendgruppe, deren Leiter des Chinesischen mächtig ist und sofort seine Hilfe als Dolmetscher anbieten, dafür sind wir sehr dankbar! Bald stehen Teller voller Köstlichkeiten vor uns: Schüsseln mit Reis, mit Tomaten-Ei-Eintopf, mit in Honig glasierten Auberginenstückchen, mit Hühhnchen und Pilzen. Titus ist ebenso wie wir begeistert vom leckeren Essen, bekommt von den Hausherren noch ein Stück fritiertes Brot in die Hand gedrückt, und findet inzwischen auch gar nichts mehr dabei, mit Stäbchen gefüttert zu werden. Bald sind wir gut gesättigt und machen noch einen Verdauungsspaziergang am Dorfplatz vorbei. Auch mittwoch abends wird dort wieder getanzt, wir gucken ein bisschen zu, während Titus die überall in China allgegenwärtigen Sportgeräte inspiziert, die auf allen Plätzen zu finden sind. Früh wird es dunkel, bereits um 20 Uhr verschwindet sie Sonne hinter den Bergen, und so kehren wir um und machen es uns im Häuschen gemütlich. Durch den Regen heute nachmittag hat es deutlich abgekühlt, das ist uns ganz recht, denn noch am Vormittag konnte man es in der Sonne nicht aushalten...

Am Morgen werden wir von lauten Lautsprecherdurchsagen geweckt, die immer morgens und abends über die großen Lautsprecher, die im ganzen Dorf verteilt sind, ertönen. Ob es sich dabei um die kommunistische Tageslosung handelt oder schlichtweg um den Wetterbericht?
Der Himmel ist heute wieder klar und blau, nur vereinzelte Wölkchen sind zu sehen, und so machen wir uns einen ruhigen letzten Tag, denn morgen vormittag kommt wieder unser Fahrer vorbei und bringt uns zurück nach Peking. Dort werden wir den Schnellzug besteigen, mit dem wir weiter nach Qinghuandao fahren, wo wir ein paar Tage am Meer verbringen werden. Und dann geht es für 6 Tage zurück ins quirlige Peking - gut, dass wir ein paar ruhige Tage zwischen unseren Aufenthalten in der Metropole eingelegt haben...

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