30.5.15

Wanderung, top secret

Nun haben wir es uns gestern abend mit Kopfhörern und Notebook, einer Flasche Bier und ein paar Folgen der höchst albernen Serie "The IT crowd" im Bett gemütlich gemacht, so dass ich ganz vergessen habe, meinen Tagesbericht zu verfassen, so ein Lotterleben aber auch!

Dabei haben wir gestern einen wirklich schönen Ausflug gemacht: gegen 11 Uhr brechen wir von unserer Pension, wieder gestärkt vom leckeren Frühstück und gut ausgeschlafen, auf, Norman trägt Titus auf dem Rücken, die Sonne scheint, und so spazieren wir an all den gefährlich bellenden Wachhunden in unserer Straße vorbei zunächst zum See. Dort versorgen wir uns im örtlichen "Magazin" (d.h. der Tante-Emma-Laden) mit Wasser (für "zwei", "Wasser" und "klein" reichen die russischen Sprachkenntnisse immerhin aus) und machen uns auf den Weg zum Observatorium, das ein ganzes Stück oberhalb des Ortes mitten im Wald thront.


Aufwärts führt uns ein Schotterweg, vorbei an einfachen Häuschen, Wellblechhütten und immer wieder an Einheimischen, die auf der Straße auf großen Grill den nur im Baikalsee heimischen "Omul", eine Fischart, grillen und anschließend räuchern - und uns gleich mit, so dick und intensiv ist der Qualm und der Fischgeruch in der Luft. An der nächsten Wegbiegung hat man einen wunderschönen Blick über den See, klar ist die Sicht auf die doch recht hohen, schneebedeckten Berge am Ostufer. Das das hier ein schönes Plätzchen ist, ist wohl kein Geheimtipp, denn hier stehen fest installiert mindestens 20-30 kleine "Picknick-Häuschen" mit Bänken und Tischen, an denen sich bei schönem Wetter die Ausflügler einfinden und sich an den umstehenden Ständen mit Fisch und Getränken versorgen...
Wir marschieren aber weiter, bis wir an ein großes Gatter, überragt von der russischen Flagge, gelangen, und entziffern das Schild "Observatorium". Also gehen wir einfach durch, treffen dahinter auf eine Dame, die uns in einem russischen Redeschwall offenbar den Weg weist und uns vehement auf die Zeckengefahr hinweist. Das hatte uns schon die Wirtin in unserer Unterkunft erzählt, und so sind wir bestens eingesprayt. So steigen wir dann bei schönstem Wetter recht steil durch Birkenwälder bergauf.


Titus schläft tief und fest, wir schwitzen, und kommen knapp eine Stunde später oben am Observatorium, das eher wie eine Skisprungschanze aussieht, an.
Das vor uns liegende Panorma ist traumhaft, und bis auf einen zum Glück angekettenen Wachhund sind wir auch ganz allein - bis kurz darauf ein Lada mit Vollgas über die Forststraße heraufprescht und zwei Männer in weißen Schutzanzügen aussteigen. Als sie uns erspähen, verscheuchen sie uns mit dem Hinweis, dass dieses Areal hier "top secret" sei und wir überhaupt nichts hier verloren hätten, und da sie in ihrem Outfit irgendwie gefährlich aussehen, machen wir uns lieber schleunigst an den Abstieg.

Pünktlich zur Mittagszeit finden wir uns wieder am Hafen unten ein, dort ist an den ganzen Fisch-Räucherständen heute bei dem schönen Wetter richtig viel los, viele Schüler sind unterwegs und immer öfter sehen wir Menschen mit eindeutig asiatischen Gesichtszügen, wahrscheinlich Burjaten.
Wir setzen uns in eine kleine Hafenkneipe und holen uns von dem Reisgericht, das auf der Terrasse in einer großen Pfanne gebraten wird. Titus verschlingt leider fast meine ganze Portion und auch mein Eis, das ich mir für den Heimweg noch hole.

Am Nachmittag bleibt nichts anderes zu tun als vor unserem Zimmer auf dem Balkon in der Sonne zu sitzen, Tee zu trinken, zu spielen, mit der Oma und Dennis zu skypen und herumzutollen. Abends stellen wir fest, dass wir alle ordentlich Farbe im Gesicht bekommen haben, aber zum Glück bleibt die Zeckeninspektion ergebnislos.
Titus und ich sind uns beim Abendessen dann einig, dass wir langsam die Nase voll haben von der russischen Küche; schon wieder gibt es Paprika-Karotten-Gemüse, heute mal mit Reis dazu, den hatten wir heute mittag aber schon. Der kleine Mann bekommt also nochmal eine Portion von seinem Frühstücks-Porridge und anschließend noch meinen halben Nachtisch-Kuchen und ist damit dann wohl so zufrieden, dass er anstandslos ins Bett geht und erstaunlich gut schläft.

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