31.5.15

Sinnloser Ausflug

Wie schon gestern erwähnt, fällt uns nicht mehr so recht ein, womit wir den letzten Tag in Listwjanka noch verbringen könnten, also tun wir zumindest vormittags erst einmal gar nichts und bestaunen die niederländische Reisegruppe, die seit gestern zu Gast im Chalet ist und deren Durchschnittsalter mindestens bei 80 liegt.
Titus hat dicke Freundschaft mit Mascha, der Hauswirtin, geschlossen, lässt sich auf dem Arm herumtragen, malt mit ihr, bekommt regelmäßig die Nase geputzt (die leider immer noch ein wenig verschnupft ist), und wir sind währenddessen abgemeldet.

Nach dem Mittagessen wagen wir uns nach draußen, die Wettervorhersage für heute war eher mau, aber der starke Wind und die Wolken sind mittags abgezogen, und schon wagt sich wieder die Sonne hervor. Das Kind schläft nach 10 Minuten Fußweg in der Manduca bereits tief und fest, wir kehren erst einmal im Café am Hafen ein und lassen uns dort mit Blick auf den See Blinis schmecken. 


Wieder einmal wird uns die Rechnung unaufgefordert gebracht und die Teller abgeräumt, während wir noch den letzten Bissen im Mund haben; der Service in Russland ist wirklich sensationell schlecht. In Geschäften erwidert man auf unsere braven Begrüßungs- und Verabschiedungsformeln meist gar nichts, "danke" hört man selten, und gelächelt wird auch nur, wenn es sich gar nicht vermeiden lässt...

In Listwjanka, eigentlich ein 1.800-Seelen-Dorf, ist heute mal richtig was los, offenbar verbringen sämtliche Irkutsker ihre Sonntagnachmittage bei schönem Wetter am See.


Als wir nach unserer Stärkung also mit dem Sammeltaxi ins 4 km entfernte Nikola zum ethnologlischen Museum fahren wollen, sind die Plätze schnell gefüllt, und wieder einmal bemüht man sich nach Kräften, mit uns ins Gespräch zu kommen, da der kleine schlafende Kerl immer für Aufsehen sorgt. So verpassen wir irgendwie den richtigen Ausstieg und stehen nach 10 Minuten Fahrt an einer Schnellstraße, neben der ein paar Häuschen stehen. Unsere Karte behauptet aber, dass es hier "cafés & souvenirs" gibt, also marschieren wir runter ans Wasser, an so einer Hafenpromenade wird doch wenigstens ein Getränk zu bekommen sein. Weit gefehlt - ein paar verrostete Schiffe dümpeln vor sich hin, verfallene Hafenbaracken verströmen Ostblockcharme, aus den Häusern rundherum ist kein Laut zu hören, nur eine streunende Katze liegt in der Sonne auf der ungeteerten Straße.
Das Museum, unser eigentliches Ziel, in dem Norman unbedingt den dort ausgestellten "laminierten Omul" (ich glaube, er meint einen in Formaldehyd eingelegten Ur-Fisch) besichtigen wollte, sehen wir zwar weit entfernt am Ufer liegen, doch der Weg dorthin scheint zu Fuß nicht möglich zu sein. Also stehen wir gut 10 Minuten, nachdem wir dort ausgestiegen sind, wieder an der Schnellstraße und warten auf ein Maschrutka, das uns zurück nach Listwjanka bringt. Wir stehen, und stehen, und stehen an diesem idyllischen Ort und vertreiben uns die Zeit damit, auf kyrillisch geschriebene Werbeplakate zu entziffern.

Endlich hält ein klappriger Minibus an, wir quetschen uns auf die knapp anderthalb verbliebenen Sitzplätze zwischen die bereits drin sitzenden auslandenden Omas mit Unmengen Gepäck, und so geht's in wilder Fahrt zurück nach Listwjanka - den Museumsbesuch haben wir auf unbestimmte Zeit verschoben.

So kommen wir knapp 3 Stunden nach Aufbruch zurück in unsere Pension, und haben eigentlich nichts nennenswertes gesehen, aber immerhin war auch dieser sinnlose Ausflug ganz lustig und für uns ein Zeichen, dass es nun wirlich an der Zeit ist, Listwjanka zu verlassen und weiterzureisen. Wir trinken in der sehr heißen Nachmittagssonne noch ein Bier auf der Terrasse, packen so langsam unsere Rucksäcke zusammen, bezahlen die Rechnung mit mühsam ergatterten Rubel - der Geldautomat im Dorf spuckte nämlich immer nur umgerechnet 80 Euro auf einmal aus, das dauerte also eine Weile, bis der fällige Betrag abgehoben war!
Titus wird in der Badewanne geschrubbt und bekommt von Mascha beim Abendessen eine Extraportion Gurkensalat mit Ei, saurer Sahne und Bärlauch serviert - wir sind skeptisch, doch er mampft die ganze Schüssel leer, danach noch gierig  einiges von meinen Spaghetti mit Gemüse und ein Stück Kuchen. Wir sind schon sehr erstaunt, was dem kleinen Kerl so alles schmeckt und wieviel in so einen kleinen Magen reinpasst...

Nun haben wir also noch eine Nacht hier, morgen früh nach dem Frühstück werden wir mit einem Kleinbus nach Olkhon fahren!

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