9.8.16

Tortuguero-Nationalpark (08.08.2016)

Was für eine Nacht - Titus fiebert, und schläft zwar tief und fest, doch träumt er sehr intensiv, ruft mitten in der Nacht “Wo sind unsere Koffer?” und “Ich muss ins Flugzeug!”, und außerdem braucht er Dauer-Körperkontakt und glüht dabei.
Gleich morgens nach dem Aufstehen um halb sechs übergibt er sich dann noch ins Bett, der Tag fängt ja super an. Ich bin besorgt, denn um halb 7 soll es losgehen zu unserem nächsten Aufenthaltsort.
Zu unserer Erleichterung kriegen wir das Kofferpacken und Auschecken gut hin, und Titus lässt sich dazu überreden, eine Scheibe Toast zu essen und ein bisschen was zu trinken. So langsam kriegt er Farbe ins Gesicht und das Fieber scheint auch weg zu sein. Vielleicht lag’s an der Zeitverschiebung, der Reiseaufregung oder doch dem ungewohnten Leitungswasser?

Unser Guide Chris sammelt uns pünktlich ein und verfrachtet uns in einen Reisebus, in dem schon zig andere Reisende sitzen. Nach längerer Fahrt durch die bereits zu dieser frühen Stunde überaus trubelige Stadt und durch verstopfte Straßen erreichen wir die Stadtgrenze und genießen den ungetrübten Blick auf die umliegenden Bergketten, überragt vom überaus aktiven beiden Vulkan Irazú mit seinen knapp 3.500 m. Kaum sind wir aus der Stadt draußen, wird es sehr, sehr grün, überall wuchert und sprießt es, riesige Büsche und Bäume säumen den Straßenrand, Blumen blühen, wir sehen Unmengen Hibiskus- und Hortensiensträucher. Titus verschläft diesen ersten Streckenabschnitt und schnarcht zur großen Belustigung unseres Busfahrers und unseres Guides lautstark vor sich hin.
Unsere Route führt mitten durch den Nationalpark Braulio Carillo, und die mühsam durch die endlosen grünen Hügel geschaffene Straße scheint jeden Moment von den von links und rechts hereinwuchernden Pflanzen wieder verschluckt zu werden. Es geht steil hinauf, immer wieder schwirren handtellergroße Schmetterlinge über die Straße, doch ebenso häufig sehen wir verrostete Autoskelette am Straßenrand liegen. Die Bergkette trennt die Pazifik- von der Karibikseite, und schnaufend quälen sich große Trucks hinauf und hinunter. Gegen 9 Uhr sind wir auf der Karibikseite wieder unten angekommen, und biegen zu einem mitten im Wald gelegenen Restaurant ab, um dort zu frühstücken.
Uns wird ein typisch costaricanisches Frühstücksbüffet versprochen, und der inzwischen erwachte und überaus hungrige Titus isst mit großer Begeisterung das Nationalgericht: gallo pinto, Reis mit schwarzen Bohnen. Außerdem gibt es natürlich frische Ananas, Guaven, Melonen und Papayas, außerdem gebackene Bananen, Tortillas und den allgegenwärtigen Filterkaffee. Die Amerikaner haben hier deutliche Spuren hinterlassen. Costa Rica exportiert den Großteil des angebauten Kaffees, zurück bleibt nur mindere Qualität…
Weiter geht die Fahrt, wir verlassen die geteerte Straße und holpern mitten durch riesige Bananenplantagen, Fincas mit Pferden und Kühen, und am Straßenrand steht eine Kokospalme neben der anderen. Titus ist inzwischen wieder quietschfidel und kommentiert alles, was er erspäht, singt nebenbei noch das Buslied und scheint wieder vollkommen gesund zu sein. Zum Glück!

120 km von San José entfernt erreichen wir dann endlich den Hafen, an dem wir mitsamt Gepäck auf kleine Barkasse umsteigen, die uns mitten in den Tortuguero-Nationalpark bringt. Beim Aussteigen aus dem gut gekühlten Bus sind wir innerhalb von Sekunden schweißgebadet, das tropische, feucht-heiße Regenwaldklima trifft uns mit voller Wucht. Auf dem Boot, bei voller Fahrt, weht wenigstens ein klein wenig frische Luft um unsere Nasen, doch unter der obligatorischen Schwimmweste ist es trotzdem viel zu warm. Immerhin ist die Landschaft wirklich spektakulär: wir fahren auf einem Flüsschen mitten durch den Regenwald, grün, soweit das Auge reicht, meterhohe Blätter, Farne und Büsche, Lianen hängen von Urwaldriesen bis hinunter auf das Wasser, und zu Titus großer Freude entdecken wir dann sogar Affen in den Bäumen!

Nach einstündiger Bootsfahrt in Richtung Meer erreichen wir die Mawamba Lodge, die für die nächsten zwei Tage unsere Unterkunft sein wird. An Land werden wir mit frischem Guavensaft empfangen und beziehen eine gemütliche Holzhütte mitten auf dem großen Gelände. Auf den Wegen und Grünflächen tummeln sich metergroße Echsen (“Legujane”, wie Titus sagt), und aus den Palmen schreien die Papageien herunter.
Auch beim Mittagessen langt Titus kräftig zu, mir ist es viel zu heiß, alle sind klebrig und so sind wir froh über eine kleine Pause. Norman geht mit Titus in den Pool, ich lege mich in die Hängematte auf unserer Terrasse und kann es kaum fassen, wie wunderschön es hier ist. Titus legt sich irgendwann mit dazu und wir beschließen, dass wir einfach hier bleiben oder dringend eine Hängematte zuhause brauchen.

Doch schon ruft der nächste Programmpunkt. Wir steigen trotz brütender Hitze wieder auf das Boot und fahren ins Dorf Tortuguero, das aus ein paar Hütten mit vielen Cafés, Souvenir-Geschäften und Reiseagenturen besteht. An jeder Ecke gibt es Kokosnüsse, frischgepresste Säfte und Schildkröten-Andenken zu kaufen. Wir bekommen Ausgang und verziehen uns in ein Café, in dem es schattig ist und ein Ventilator versucht, wenigstens einigermaßen erträgliche Temperaturen zu schaffen. Vergebens. Der einzige, der vor Energie strotzt und pausenlos hüpft, singt, tanzt und tobt, ist Titus.

Als die Sonne schon merklich tiefer steht, treten wir den Rückweg an, der uns direkt am Strand entlang führt. Das Baden im Meer ist hier verboten, zu unberechenbar sind die starken Strömungen, und die Wellen sind ganz schön hoch. Doch der Sandstrand ist sensationell, fast schwarzer, ganz feiner Sand färbt unsere Füße, und wir spazieren die 1,5 km zu unserer Lodge zurück. Titus sammelt Muscheln, freut sich über jedes Krebsloch und jeden Stock und wir sehen Unmengen Spuren der Schildkröten, die hier nachts an den Strand kommen, um ihre Eier abzulegen. Nur ins Wasser traut sich das Kind nicht, obwohl das Meer wirklich sehr warm ist.

Die Sonne geht bereits um 18 Uhr unter, wir schaffen es gerade zu Einbruch der Dämmerung zurück und duschen uns den Sand von den Füßen, und schon kommen die Mücken hervor. Wieder ist es zum Abendessen eigentlich viel zu heiß, wieder schaufeltTitus Unmengen von Reis in sich hinein und liegt dann um kurz vor acht todmüde im Bett, während ich es mir nochmal in der Hängematte gemütlich mache und den Geräuschen den Regenwalds lausche.

1 Kommentar:

  1. Oh, das klingt ja paradiesisch. Bin schon gespannt, was Ihr morgen erlebt. Super, dass es Titus wieder besser geht!

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