26.8.16

Von Bahìa Drake nach La Florida de Piedras Blancas ins Baumhaus (24.08.2016)

Unsere Kamera hat leider den Geist aufgegeben, auch die neu gekaufte Speicherkarte brachte keine Abhilfe, sie verweigert einfach den Dienst und gibt nur spekulative Fehlermeldungen von sich. So ein Mist, denn zu gerne würde ich diesen so fotogenen Ort, an dem wir heute angekommen sind, festhalten. Nun muss die Iphone-Kamera herhalten, wenn auch qualitativ nicht optimal...
Aber wieder einmal der Reihe nach:

Um 6 Uhr klingelt mein Wecker, ich höre noch ein paar Atemzüge lang dem Rauschen der Wellen zu. Dann packe ich meinen Rucksack und Titus' Koffer fertig, während selbiger noch in Seesternposition mitten im Bett liegt und selig schläft. Als unser Bungalow soweit geräumt ist, ist auch Titus' Nacht zu Ende, eine letzte Schale Müsli, und schon werden wir zum Strand hinunter gescheucht. Wir verabschieden uns herzlich vom Team des "Pirate Cove" und besteigen das Boot, das nun bei Flut problemlos direkt in der Lagune vor dem Hotel anlegen kann.

Los geht die Fahrt, zunächst rüber nach Bahìa Drake. Dieser Ort heißt natürlich so, weil in der Bucht tatsächlich Sir Francis Drake im Jahre Fünfzehnhundertirgendwas geankert hat, um seine Vorräte aufzufüllen. Dort steigen wir auf ein sogenanntes "taxi boat" um. Mit hoher Geschwindigkeit rast der Kapitän dann über das heute sehr ruhige Meer, und dann weiter durch den zunächste mächtigen Rio de Tarraba. Die Seitenarme, in die wir einbiegen, werden nach und nach immer kleiner, die Mangroven dichter. Titus ist noch nicht ganz wach, er kuschelt sich abwechselnd eng an Norman oder mich und guckt einfach friedlich aufs Wasser. Nach gut einer Stunde Fahrt erreichen wir Sierpe und steigen mitsamt allen Fahrgästen und unserem ganzen Gepäck aus.

Im "Soda" direkt am Hafen machen wir eine kurze Verschnaufpause und trinken frischen Ananassaft. Der Kokosnuss-Verkäufer am Straßenrand gegenüber füttert gerade eine großen Leguan mit Kokosfleisch und erzählt uns stolz, dass "sein" Leguan Tito heiße und täglich vorbeikomme. Als wir ihm erklären, dass unser Sohnemann, der sehr neugierig der Fütterung zuschaut, ebenfalls Titus heißt, bekommen wir gleich mal eine frische Kokosnuss in die Hand gedrückt und schlürfen das Wasser darin.

Norman löst unser Auto vom bewachten Parkplatz aus, und wir steigen ein, froh um die Klimaanlage bei bereits gut 30 Grad morgens um 9 Uhr. Die schmale Straße führt uns wieder an Bananen- und Ölpalmplantagen vorbei, und ich entdecke zufällig ein Schild, dass uns auf die  "Finca 6", eine archäologischen Stätte mitsamt Museum, hinweist, von der ich gestern zufällig gelesen habe. Kurzerhand biegen wir ab und stehen kurz darauf vor dem Museum, das 2014 erbaut wurde, als dieser Ort Unesco-Weltkulturerbe wurde.
Hier sind unzählige Steinkugeln ausgestellt, die die indigene Bevölkerung etwa um 800 v.Chr. geformt hat und deren Bedeutung bis heute unklar ist. Diese Kugeln haben einen Durchmesser von bis zu 2 m und waren möglicherweise eine Art "Rangsymbol"  - zumindest scheint vor jeder Behausung, deren Überreste ebenso aufgefunden wurden, am Eingang so eine Kugel gestanden zu haben.
   
Wir sind die einzigen Besucher, langwierig erklärt man uns an der Kasse die Ausstellung, wir schwitzen und wollen nur weitergehen, in einen möglichst klimatisierten Raum. Immerhin stehen dann im Museum ein paar Ventilatoren herum, wir lesen ein paar Infotafeln, gucken ein kurzes Video und müssen dann tatsächlich nach draußen in die Hitze. Wir laufen durch Tropewald, überall krabbelt und schwirrt es, auf dem lehmigen Weg kriechen Tausendfüßler, ganze Blattschneideameisen-Autobahnen kriechen darüber, Titus jammert bereits nach ein paar Minuten nach einem Getränk und will wieder ins Auto. Wir erreichen die erste Grünfläche, hier liegen ein paar Mauerreste von Behausunge herum. Auf der nächsten Wiese stehen dann ein paar der Steinkugeln. Leider sind viele davon nicht mehr an ihrem ursprünglichen Standort aufgefunden worden, so dass nicht klar ist, ob die Kugeln zueinander in einem bestimmten Muster oder einem bestimmten Gebiet standen.

Hmmm, so richtig spannend ist die ganze Ausstellung nicht, und mehr gibt es auch nicht zu sehen, also eilen wir zurück zum Auto. Auf dem Rückweg durch den Wald entdecke ich tatsächlich noch ein Rudel Totenkopfäffchen, diese Affenart hat uns noch gefehlt! Leider wird meine Freude darüber nicht geteilt, die Herren möchten zur Klimaanlage zurück, also steigen wir ins Auto (das Thermometer dort zeigt 34 Grad an, und das bei dichtbewölktem Himmel) und fahren weiter.
In Palmar Norte, zurück an der Interamericana, machen wir noch einen Großeinkauf im Supermarkt, in dem ohrenbetäubend laut irgendwelche Werbeslogans laufen und Titus mindestens ebenso laut die Einkaufsliste vorträgt.

Bei der Weiterfahrt schläft das Kind ein, und wir können in Ruhe der Wegbeschreibung zur nnächsten Unterkunft folgen. Beim Nationalpark Piedras Blancas verlassen wir die Interamericana, die die letzten 50 Kilometer immer schmaler und holperiger wurde, und biegen auf einen Schotterweg ab. Dieser führt steil hinauf, so dass das Auto nur im ersten Gang zu fahren ist und wir ganz schön durchgeschüttelt werden. Nach drei Kilometern stehen wir endlich vor einem Gatter und erreichen die "Finca Bellavista".

Hier beziehen wir eines der vielen Baumhäuser, die mitten in den Regenwald gebaut wurden. Jedes der Häuser sieht anders aus, in manchen gibt es Strom, in unserem nicht. Die Häuser sind nur zu Fuß erreichbar, eine richtige Wanderung steht dafür an, und wir werden an der Rezeption erst einmal mit Leih-Gummistiefeln versorgt und bekommen Unterstützung beim Gepäcktragen. Also marschieren wir schwer bepackt los, Norman mit einer Mitarbeiterin voraus, ich langsam mit Titus hinterher, der wieder einmal fleißig marschiert. Es geht über eine Hängebrücke, steile Wege und glitschige Stufen immer tiefer in den Wald hinein, überall zirpt und tropft es. Wir sind alle schweißgebadet, die Luftfeuchtigkeit ist immens hoch, als wir endlich unser Baumhaus "El Fenix" erreichen.
Über zwei Stockwerke groß steht es am Hang, mittendurch wächst ein großer Baum. Wir haben ein kleines Wohnzimmer mit Miniküche, ein schickes Bad mit solarbetriebener Warmwasserdusche, ein Schlafzimmer mit offenen, fliegengitterverhängten Fenstern und als Knüller eine große Terrasse auf Baumkronenhöhe mit Rundumblick. Der Knüller! Den Tipp für diese Unterkunft haben wir von meiner lieben Kollegin Laura bekommen, die letztes Jahr ein paar Tage hier verbracht hat, und ich muss sagen: das ist schon ein sehr besonderer Übernachtungsort!!!

Wir richten uns ein, und da wir alle klebrig und verschwitzt sind, marschieren wir schnell los zum nahe gelegenen Fluss mitsamt Wasserfall. Steil geht es über rutschige Stufen in die Tiefe, doch das Wasser unte ist herrlich und wir freuen uns über die Abkühlung. Leider können wir nicht lange bleiben, der Donner grollt am Himmel und es fängt an zu tröpfeln. Also wird Titus wieder in die Kraxe gepackt und Norman schleppt ihn zurück zum Baumhaus. Bis wir oben sind, sind wir schon wieder nass und müssen alle erst einmal unter die Dusche.

Am späten Nachmittag machen wir uns noch einmal auf und wandern zurück zum sog. "Base Camp", also zum Haupteingang, denn dort gibt es eine tolle offene Terrasse und ein gekühltes Getränk. Mit frischem Fruchtsaft (z.T. mit Rum vermischt) legen wir uns in die Hängematten und genießen den Blick ins Grüne, Titus schaukelt völlig entspannt mit und strahlt bis über beide Ohren, es scheint ihm hier also zu gefallen!

Um kurz vor 18 Uhr machen wir uns auf den Rückweg in unsere Hütte, für den Weg durch den Wald brauchen wir bereits unsere Stirnlampen, stören dabei eine dicke Kröte auf und werden von zig Insekten umschwirrt. Im Baumhaus machen wir alle Kerzen und die batteriebetriebenen Campinglampen an, werfen den Gasherd an und kochen endlich wieder einmal, worüber sich vor allem Chefkoch Titus freut. Es gibt Reis mit Gemüsesauce, doch nachdem ich die heute mittag gekaufte Kokosmilch dazugegeben habe, stelle ich fest, dass diese leider gezuckert war und nun das ganze Essen wie eine schlechte Pina Colada schmeckt. Igitt!

Also essen wir zumindest den Reis und genießen die völlige Dunkelheit und die Dschungelgeräusche rundherum. Als die Männer ins Bett verschwinden, sitze ich mit Laptop auf der Terrasse und schreibe meine Eindrück nieder - gar nicht so einfach, werde ich doch stetig von ins Licht flatternden Käfern angefallen und erschrecke bei jedem laut Knarzen und Knistern neben mir. Ein bisschen froh bin ich, dass ich so im Dunklen gar nicht richtig sehen kann, was hier um mich herum alles so kreucht und fleucht...

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