16.8.16

Von La Fortuna nach Sámara (14.08.2016)

Am Sonntag morgen, nach einem typisch costaricanischen Frühstück mit Reis, Bohnen, Spiegelei und Toast packen wir gemeinsam unsere Koffer. Titus eilt geschäftig zwischen den Rucksäcken hin und her, räumt seine Spielsachen ein, kontrolliert das Verpacken seines Schnuffeltuchs und guckt unter den Betten nach, ob wir auch nichts Vergessen haben. Um kurz vor 10 Uhr geht es los, heute haben wir eine lange Autofahrt vor uns.

Bereits jetzt zeigt das Thermometer fast 30 Grad an, und wir sind froh über die Klimaanlage im Auto. Auf der kurvigen Landstraße fahren wir einmal rund um den Arenal-Vulkan herum, deutlich sind die Spuren der Lavaströme rund um den Kegel zu sehen. Viele Ausflügler sind auf der Straße unterwegs, vor den großen Thermalbädern stehen die Menschen Schlange, denn heute ist Sonntag. Immer wieder galoppiert auch ein waschechter Caballero auf einem Pferd auf der Straße, von einer der vielen Pferderanches kommend. Bald erreichen wir den großen Staudamm am Arenal-See und fahren die folgenden 40 Kilometer immer oberhalb des Sees entlang. Die kurvige Straße bekommt mir überhaupt nicht, doch zumindest Titus ist bestens gelaunt und singt gemeinsam mit Norman ein Kinderlied nach dem anderen.
Wir passiern Nuevo Arenal, ein Aussteigerdorf, in dem es unter anderem eine echte "German bakery" mit "Weizenbier, Sauerkraut und Bratwürstchen" gibt. Gerade, als Norman sagt, hier sehe die Landschaft mit den Viehweiden, Kuhherden darauf, den hübschen, grünen Hügeln und dem See fast so aus wie im Allgäu, erreichen wir "Pequena Helvetia", die kleine Schweiz Costa Ricas. Hier hat ein Schweizer Aussteigerpaar ein paar Häuser im Original Schweizer Bauernhofstil errichtet, mitsamt passender Kapelle dazu, einem Kuhstall mit Milchwirtschaft und Käserei sowie einer kleinen Bimmelbahn, die zum dazugehörigen Restaurant hinauffährt. Wir machen eine kleine Pause und bestaunen den Gasthof, in dem von den Gardinen bis zur karierten Tischdecke und den Holzschnitzereien und Inschriften alles wirklich sehr alpin wirkt.

Unsere Fahrt geht weiter, das Thermometer klettert nun auf 35 Grad und die Klimaanlage schafft es kaum noch, das Innere des Wagens zu kühlen. In Canas, etwa auf der Hälfte der Strecken, machen wir einen kurzen Stopp an einem Supermarkt, holen Bananen, ich trinke einen Milchkaffee und Norman steht mit Titus vor der Kühltheke herum, um sich abzukühlen. Die beiden bestaunen die vielen Torten, die dort zum Verkauf stehen - offenbar ist heute in Costa Rica "Dia del Mama", also Muttertag, alles ist mit Luftballons und Girlanden dekoriert, in allen Geschäften gibt es aus diesem Anlass extra Sonderrabatte und eben auch Torten gehören wohl dazu. Mir ist es zu heiß, wir fahren lieber schnell weiter.
Dieser Teil der Strecke führt über die Interamericana, die Straße ist damit nicht mehr ganz so kurvig, sondern fast schon eine Schnellstraße, immerhin 80 km/h sind erlaubt. An der Tankstelle, an der wir bald den nächsten Stopp einlegen, stehen schon die Tankwarte bereit, und Titus kann gar nicht glauben, dass hier andere Männer "sein" Auto betanken dürfen!
Bald folgt eine große Brücke über den Golf von Nicoya, nun haben wir einen Großteil der Strecke geschafft. Inzwischen sind wir bereits mehr als drei Stunden unterwegs und so langsam naht die Mittagessenszeit. Irgendwie verpassen wir aber den richtigen Moment dafür, und für die nächsten 50 km folgt leider kein einziges ansprechendes Restaurant, nur kleine Buden, sogenannte "Sodas", die aber nicht sonderlich appetitanregend aussehen. Wir setzen auf die nächste großen Stadt, Nicoya, doch die Landstraße führt am Ort vorbei und wieder folgen 50 km - die letzten bis zum Zielort. Also gut, mit viel Quatschmachen, Geschichten erzählen und noch ein paar letzten Butterkeksen halten wir Titus bei Laune und fahren um kurz nach 15 Uhr, nach fast 5 Stunden Fahrt und 250 Kilometern endlich in Sámara ein.
Wir halten direkt am Strand, setzen uns ins erstbeste Strandcafé und ordern ein spätes Mittagessen und kalte Getränke. Ein bisschen kühler ist es hier, nur noch um die 27 Grad, hinter uns über den Bergen türmen sich schon wieder die dunklen Gewitterwolken auf. Das stört aber keinen, am Sandstrand ist unheimlich viel Betrieb. Titus verputzt eine große Portion Reis mit Gemüse und schaukelt dann selig in einer Hängematte.

Wir sind froh, dass unsere Unterkunft nur noch eine kurze Fahrt von hier entfernt ist, und freuen uns darauf, heute vielleicht sogar noch ein Bad im Meer nehmen zu können. Damit wir den Weg in das ein wenig abseits von Sámara gelegene Hotel "Paraiso de Cocodrillo" auch finden, haben wir extra die Anfahrtsbeschreibung abgespeichert und fahren brav über eine Schotterpiste nordwärts der Küste entlang. Immer kleiner und rumpeliger werden die Wege, auf die wir abbiegen, und bald stehen wir wie in der Beschreibung angegeben vor einem "kleinen" Fluss, den es zu durchqueren gilt. Leider hat dieser nun in der Regenzeit eine ziemliche Fließgeschwindigkeit und Tiefe, doch Norman vertraut auf den Vierradantrieb und fährt beherzt durch. Doch dahinter tut sich eine viel größere Schwierigkeit auf: der schmale Weg ist so zerfahren, von tiefen Wasserlöchern übersät und matschig, dass wir alle paar Meter anhalten müssen und Norman erst einmal abwägen muss, ob wir überhaupt durchkommen. Ganz knapp passen wir zwischen Bäumen durch, und schon nach ein paar 100 Metern kommen wir nicht weiter, vor uns liegt ein tiefes Wasserloch, das unmöglich zu durchfahren ist. Ein einheimischer Spaziergänger, der zufällig des Weges kommt, ist irritiert, dass wir uns überhaupt getraut haben, durch den Fluss zu Beginn zu fahren, und rät uns dringend, wieder umzudrehen. Auf Spanisch erklärt er uns mit Händen und Füßen eine alternative Route zu unserer Unterkunft, wir versuchen ergebnislos, jemanden dort telefonisch zu erreichen, und so drehen wir mit viel Mühe um, kommen dabei fast nicht aus dem Matschloch hinaus und rumpeln zurück zum Fluss. Norman ist schweißgebadet, und Titus juchzt auf dem Rücksitz wegen der Hoppelei im Auto. Augen zu und nochmal durch den Fluss, zurück nach Sámara und auf der Landstraße bis zu einem Abzweig. Mindestens 30 km geht es auf dieser Straße, bis wir ein Hinweisschild unserer Unterkunft entdecken. Titus ist eingeschlafen, inzwischen ist es schon nach 17 Uhr und so langsam reicht's mit der Fahrerei. Die Straße wird immer schlechter, ist von Schlaglöchern durchsetzt und irgendwann auch nicht mehr geteert, tiefer geht's in den Wald hinein und matschig ist es auch wieder. Nach 20 Minuten stehen wir wieder an einem Fluß, und diesmal ist der eindeutig zu tief, um heil durchzukommen.
Wir sind mit unserem Latein am Ende, unsere Straßenkarte ist viel zu ungenau und eine bessere Wegbeschreibung haben wir nicht. Wir versuchen nochmal telefonisch unser Glück im Hotel, und diesmal geht sogar der deutsche Besitzer Rainer selbst ans Telefon und erklärt uns den Weg. Wir sind offenbar ein Stückchen zu weit gefahren, und siehe da: gut versteckt, mitten in einem Waldstück, liegt das Hotel! Titus wacht auf, und ist wohl auch froh, dass die Fahrt für heute vorbei ist. Besitzer Rainer, so eine Art Alt-Hippie, heißt uns willkommen und erklärt sogleich, dass es einen ganz einfachen und kurzen Weg von Sámara aus gibt, den wir aber ja offenbar nicht gefunden hätten...
Zur Entschädigung für die anstrengende Fahrt bekommen wir ein großes Apartment, außer uns sind aber wohl eh keine anderen Gäste da, und wir machen einen Rundgang über das Gelände. Außer dem Pool gibt es noch ein Gehege mit Schafen und Hühnern, und man hört das Meer rauschen. Schon ist es dunkel, und überall auf der Wiese glimmen Glühwürmchen auf, während ich noch eine Runde mit dem Seil springe.

Wir sind alle sehr erledigt, und so geht es nach leckerem Abendessen (Tortillas mit Guacamole bzw. Spaghetti - Titus isst wieder einmal mehr als eine halbe Erwachsenenportion, und für Norman, der sich mit ihm die Pasta teilen wollte, bleibt nicht allzu viel übrig) und einem kalten Bier für alle ins Bett.

1 Kommentar:

  1. Bin ganz beeindruckt, dass Ihr das gut versteckte Hotel dann doch noch gefunden habt und dass die Achsen Eures Wagens (und Eure Nerven) die hoppelige Fahrt gut überstanden haben.

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