6.8.13

Ab wann ist eigentlich Urlaub? (München - Islamabad, 03./04.08.2013)

Wann genau fängt eine solche Reise an? In dem Moment, in dem sich das Ziel herauskristallisiert und man beginnt, erste Informationen zu sammeln? Wenn der Flug gebucht ist, die Sachen gepackt werden - also schon in der Vorbereitung? Beim Abschiednehmen von den Lieben? In dem Augenblick, in dem ich die Haustir hinter mir zuziehe, den Rucksack auf den Rücken? Beim Abflug vielleicht? Beim Umsteigen in Doha, als auf einmal fast ausschließlich bärtige Männer in "Schlafanzügen" in der Boarding-Schlange vor uns anstehen? Nein, ich weiß, dass ich wieder unterwegs bin, als ich merke, dass mir das Chaos bei der Gepäckausgabe in Islamabad morgens um 4 Uhr egal ist, denn ich habe alle Zeit der Welt und kann belustig zusehen, wie riesige Kartons, Koffer in Sarggröße, Wolldecken, Wasserkanister (?) ohne Rücksicht auf Verluste vom Band gezerrt werden. Und als wir endlich mit unseren Rucksäcken draußen stehen und mehrere Männer gleichzeitig auf uns einreden - offenbar gibt es Differenzen zwischen unseren Abholern bezüglich der Bezahlung - und wir noch nicht mal ansatzweise verstehen, was denn eigentlich das Problem ist: auch das verursacht seltsamerweise ein "Urlaubsfeeling" bei mir. Dazwischen ruft der Muezzin zum Frühgebet, überall stehen bewaffnete Polizisten, und die Fahrt durchs nächtliche Islamabad zum Hotel ist abenteuerlich. Ständig überqueren Fußgänger die achtseitige Autobahn, fahren Radler ohne Licht, tauchen Straßensperren wie aus dem Nichts auf. 
Wir kommen mit dem klapprigen Mini-Suzuki trotzdem heil im "Savanna Inn Hotel" an, es hat bereits zu dieser frühen Morgenstunde gut 30 Grad, und freuen uns über das kühle Rinnsal, das aus der Dusche kommt (in der der Putz von der Decke bröckelt und die Ameisen spazieren gehen).
Irgendwann weckt uns eine Nebelkrähe mit lautem Gekrächze, die sich auf der Fensterbank niedergelassen hat, und als wir aufstehen, ist es bereits Mittag. Trotzdem serviert uns der junge Angestellte noch Tee und Toast zum Frühstück, sogar aufs Zimmer. Schnell finden wir heraus, dass ja gerade Ramadan ist und die "Ungläubigen" tagsüber zumindest nicht öffentlich essen sollen.
Beim Erkundungsspaziergang Richtung Geldautomat werden wir fast von der Hitze erschlagen, es ist schier unerträglich, und so haben wir kaum einen Blick für die schöne Umgebung übrig: Islamabad ist umringt von dichtbewachsenen Hügeln, die Wohnviertel sind gepflegt und die Gärten voll blühender Hibiskus- und Oleanderbüsche.
Trotz der Temperaturen beschließen wir einen Ausflug zur Faisal-Moschee, der Taxifahrer muss beim neben ihm an der Ampel wartenden Fahrer nachfragen, wohin wir eigentlich wollen, denn er versteht höchstens drei englische Wörter (und wir kämpfen noch mit Urdu, einer der zig Landessprachen). Der Suzuki fällt fast auseinander, unter dem Lenkrad quellen Kabel hervor, dennoch kommen wir an und dürfen die Moschee betreten, nachdem wir die Schuhe abgegeben haben und ich brav mein Haar verhüllt habe.
Richtig hübsch ist dieses Bauwerk nicht, es hat eher den Charme eines Schwimmbads oder einer Mehrzweckhalle, aber es liegt schön am Fuß der Hügel und es ist sehr friedlich hier.
Am frühen Abend treffen wir dann Kamal im Hotel, mit dem wir bislang nur per E-Mail Kontakt hatten und der unser Tour-Organisator ist. Mit ihm besprechen wir den Ablauf der folgenden Tage und klären alles Finanzielle; Kamal spricht ganz gut Deutsch, er hat in Bayern und Österreich studiert und lebt nun in London.
Er begleitet uns noch zu einem pakistanischen Restaurant namens Usmania, wo ein reichhaltiges Buffet aufgedeckt wird. Von den 20 Speisen sind leider nur der Reis, das Brot und der Salat fleischfrei...
Es ist ordentlich was los hier im Familienbereich (wo Frauen, Kinder und Nicht-Muslime sitzen - die Männer Speisen separat), denn inzwischen ist die Sonne untergegangen und das tägliche Fastenbrechen steht an.
Im Stockfinstern wagen wir zu Fuß den Heimweg, Islamabad soll nachts sicher sein, und bis auf die Stolperfallen auf den z.T. löchrigen Fußwegen und der Hitze finden wir problemlos zurück ins Hotel, wir müssen halt zum dritten Mal an diesem Tag unter die Dusche.
Bei der Rummy Cup-Runde fällt dann dreimal das Licht aus, und die Generatoren springen ohrenbetäubend laut an...
Ja, ein wenig abenteuerlich mag eine Reise nach Pakistan sein, touristisch ist es hier sicher nicht, aber auch nicht vollkommen chaotisch (Islamabad ist sogar ziemlich übersichtlich, da in den 1950er/1960er Jahren auf dem Reißbrett entstanden) und als "Westler" auch gar nicht so unangenehm (so wurden wir mehrfach von Wildfremden herzlich Willkommen geheißen, mit dem Hinweis, dass man hier ja leider nicht so oft Reisende sehen würde). Mal abwarten, ob sich die ersten Eindrücke verfestigen.

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