27.8.13

Atemlos (Khoburche, 18.08.2013)

Ich wache davon auf, dass eines der Packpferde direkt neben unseren Zelt steht und laut wiehert. Es ist eh schon halb sechs, also Aufstehzeit, und als ich den Kopf rausstrecke (in zig Kleidungsschichten eingepackt, in die ich mich noch im Zelt gezwängt habe), hängen die Wolken tief und alles ist grau und nass. Leider auch der Beutel meines Schlafsacks, der über Nacht an der Zeltwand lag und den ich nun zum Trocknen im Küchenzelt abgebe. Langsam trudeln auch die anderen zum Frühstück ein, verfroren sind alle und schimpfen übers Wetter, während ich die tiefgefrorene Nutella unter meiner Daunenjacke auftaue.
Um kurz nach 7 Uhr marschieren wir los, der Himmel lichtet sich, und zwei Stunden später haben wir, als wir uns Umdrehen, einen großartigen Blick auf Gasherbrum I und IV, während sich direkt neben uns langsam der Masherbrum aus den Wolken schält. Mit zig Fotopausen vertrödeln wir den Vormittag, während wir uns mühsam über den Gletscher fortbewegen, immer im Zickzack-Kurs über Eis und Geröll.
Das Wetter schlägt Kapriolen, mal nieselt es, dann kommt Wind auf, dann knallt die Sonne runter, immer schön abwechselnd, so dass wir uns alle 20 Minuten entweder an- oder ausziehen müssen.
Um halb zwölf erreichen wir den Zeltplatz Urdukas, den wir heute nur für eine kurze Mittagspause nutzen, und dessen Toiletten immer noch so schmutzig sind, dass wir froh sind, nicht hier nochmals eine Nacht verbringen zu müssen.
So ziehen wir nach dem üblichen Picknick weiter talabwärts, drei weitere Stunden hangeln wir uns über Gletscher, schrecken bei Steinschlag zusammen und passieren so ganz nebenbei wieder die "Cathedral" und die Trango Towers. Das Wetter bleibt wechselhaft, selbst als wir gegen 15 Uhr endlich den Khoburche-Zeltplatz erreichen. Rob kommt heute deutlich später an, er hat auf dem rutschigen Gletscher Probleme mit seinen Knien und hat nach sieben Stunden Marsch genug für heute.
Die Sonne scheint, wir stürmen zum Gepäck und zerren die seit sechs Tagen feuchten Sachen hervor, breiten alles auf den umliegenden Steinen aus und sitzen gerade mit einer Tasse Kaffee und frischem Popcorn draußen, schon zieht die nächste dunkle Wolke heran und es regnet für 10 Minuten heftig... So geht das einenWeile hin und her, endlich zeichnet sich eine Trockenphase ab, die Norman und ich nutzen, um ein Stückchen unterhalb an einer durch Steine versteckten Stelle am Schmelzwasserbach eine kalte Dusche zu nehmen, und nach fünf Tagen endlich wieder sauber zu sein und frische Klamotten anzuziehen, ist herrlich!
Auch unser "Personal" hält am Wasserschlauch neben dem Küchenzelt heute Waschtag an, richtig ordentlich sehen wir alle wieder aus, als wir uns beim Abendessen treffen. Wieder gibt's leckeres Dal und frisch frittierte Pommes, die jedes Mal der Renner sind. Olga verleibt sich derweil die ganze Schüssel Glibber-Pudding (da nur mit Wasser angerührt, Milch haben wir nicht) ein.
Als wir uns zum Zähneputzen verabschiede wollen, tönt ein wohlbehalten Klang aufs Dach des Essenszeltes: Regen! Selbst Akbar gibt zu, dass er solch ein Wetter noch nie erlebt hat, aber: " Inschallah!" Also schnell ins Zelt, alles wasserdicht einpacken und ab in den Schlafsack. Zumindest ist es hier deutlich wärmer als in den letzten Nächten, und ich hoffe, dass ich endlich wieder ein paar Stunden am Stück schlafen kann. Die letzten Nächte war's nämlich so, dass ich, jedes Mal wenn ich mich umgedreht habe (was wegen des harten, steinigen und kalten Untergrunds und der optimal zu verteilenden Wärmflasche recht oft vorkam und immer eine größere Aktion war), wegen der Höhe erst einmal so außer Atem war, dass der Schlaf solange auf sich warten ließ, bis sich mein Atem wieder beruhigt hatte. Nun sind wir auf knapp 4.000 m, so langsam normalisiert sich alles wieder.

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