29.8.13

Zweite Chance für diesen Wegabschnitt (Korphe, 20.08.2013)

Morgens bricht große Begeisterung aus, als Chakpir ein neues Glas Nutella auf den wackligen Frühstückstisch stellt. Offenbar geht es nun, am (vor-)letzten Tag ans Reste-Essen! So gestärkt, starten wir um Punkt sieben, zunächst nach Jhola, unserem ersten Campingplatz, wo wir heute Mittagspause machen wollen. Die Sonne scheint, es ist aber wolkig, und deshalb temperaturmäßig kein Vergleich zum Hinweg. Jeder geht für sich im eigenen Tempo, allerdings muss Akbar, der uns umkreist wie ein Hütehund seine Herde, oft ganz schön rennen, wenn einer mal wieder einen falschen Abzweig nimmt. Manchmal ist nämlich der Weg, der direkt am Wasser entlangführt, überspült, oder der zweite Weg weiter oben verschüttet, so dass man immer mal wieder an den richtigen Stellen wechseln muss. Wegen des niedrigen Wasserstands ist der deutlich bequemere Uferweg diesmal weitgehend passierbar, und so kommen wir deutlich schneller voran als vor zwei Wochen in der Gegenrichtung. Seltsamerweise liegen auf dem ganzen Weg hin und wieder einzelne Socken herum; Norman mutmaßt, dass hier offenbar die aus deutschen Waschmaschinen verschwundenen Exemplare landen, wie auch immer das vonstatten gehen mag. 
Der Weg ist zwar ein ewiges Auf und Ab, in Summe aber deutlich bequemer zu gehen als über das Gletschergeröll. Die Sanddornbüsche und der wilde Thymian, durch die wir uns schlängeln, duften in der Morgenluft, während der Braldu links von uns rauscht und polternd Steine mittransportiert. Irgendwann kommt noch ein weiteres Geräusch hinzu: drei Militärhubschrauber fliegen dicht hintereinander Richtung Kaschmir-Grenze über uns hinweg, auf ihrem wöchentlichen Patrouillenflug, wir passieren auch wieder ein Militärcamp direkt am Flussufer, dass mit seiner Baracke aus groben Steinen, den rostigen Ölfässern daneben und den drei Mann Besatzung eher ärmlich daherkommt.
Schon um kurz nach zehn erreichen wir den vollkommen verlassenen Zeltplatz, und nach dem üblichen Mittagspicknick liegen alle (wir, die Träger, das Küchenteam, Akbar) faul in der Sonne und halten Siesta, so langsam haben alle genug. Derart gestärkt, geht die restliche Strecke für heute problemlos, auch wenn wir auf dem Weg durch einen urplötzlich hereinbrechenden Regenschauer, der 2 Minuten anhält, überrascht werden, sonst bleibts sonnig-wolkig. Den pakistanischen Studenten, die uns entgegenkommen, müssen wir auf deren Nachfrage ehrlich antworten, dass das Wetter die ganzen letzten zehn Tage so unbeständig war, woraufhin sie etwas ernüchtert ihre Wanderung fortsetzen. Ich muss sagen, dass mir diese Etappe diesmal deutlich besser gefällt als am ersten Tag, als ich mich krank und bei 40 Grad den Weg entlanggemüht habe... Hübsch ist es, und immer wieder überraschend, wenn hinter den "normalen" Gipfeln links und rechts deutlich höhere, schneebedeckte Berge auftauchen, das sind sicherlich noch Sechs- und Siebentausender!
Um 14 Uhr, nach knapp 6 Stunden Marsch, erreichen wir Korphe, ein hübsches Plätzchen mitten in einem Wäldchen an einem seitlichen Zufluss des Braldu, in dem wir sogleich mal die heißgelaufenen Füße kühlen. Kaum sind die Zelte aufgebaut und sitzen wir gemütlich mit (Krümel-)Kaffee in der Hand in der Sonne, braut sich schon der nächste Regenguss zusammen. Schnell räumen wir alles in die Zelte, was wir gerade so hübsch zum Lüften und Trocknen auf die umstehenden Bäume verteilt haben, und lesen und spielen eine Runde im Zelt.
Früh werden wir zum Abendessen gerufen, wir hoffen auch hier auf üppiges Resteessen, doch leider gibt's heute nur Pommes und Nudeln, das Gemüse ist offenbar schon aus. Nach dem Essen werden wir ins Kochzelt gerufen, Muhammed will uns endlich in die Kunst des Chapatti-Machens einweisen. Andächtig sitzen wir auf dem Boden im Kreis, während Julia mit dem Teig mischen und kneten beschäftigt ist, alles nach genauer Anweisung des Küchenchefs. Reihum sind wir dann mit Ausrollen und in Form bringen dran, kritisch (und hungrig!) beäugt von sämtlichen Trägern. Leider gelingt es uns nicht, den Teigfladen durch das typische Hin- und Herschleudern (ähnlich wie bei Pizzateig) in die gewünschte Form zu bringen, das sorgt natürlich für Gelächter, und der Chefkoch muss eingreifen, und zeigt uns, wie leichthändig er das hinkriegt. Das Gesamtergebnis sieht jedenfalls am Ende essbar aus.
Als die Porter dann endlich ihr Abendessen kriegen, verabschieden wir uns, und nun kommt die schwierigste Aufgabe: wir müssen das Trinkgeld für unser "Personal" festlegen und genau aufteilen, was recht komplex ist. So muss natürlich der Chefkoch mehr kriegen als der 2. Koch, der Träger, der mit uns zum K2-Basislager gelaufen ist, bekommt mehr als die anderen Träger, außerdem müssen wir noch klären, wieviel Akbar als unser "Guide" bekommen soll u.s.w. Das diskutieren wir sechs Trekker dann eine ganze Weile, irgendwann holt jeder sein Geld und Norman sammelt den jeweiligen Anteil ein und stückelt auf... Mal schauen, wie die Reaktionen morgen früh bei der Übergabe sind, ob wir gerecht verteilt haben?
Danach gehen wir uns Bett, während bei der koreanischen Reisegruppe neben an noch ganz schön Radau ist, haben die doch tatsächlich sogar einen Generator mit auf den Berg geschleppt - ganz schön feudal!

Rezept Chapattis:
Aus Mehl, Salz und wenig Wasser einen Teig machen, min. 10 Minuten kneten, und dabei immer wieder falten. Dann Kugeln formen und diese so dünn wie möglich kreisrund ausrollen, immer wieder wenden und mit Mehr bestäuben. Wenn möglich, durch Hin- und Herschleudern nochmals ausdünnen. Dann den Fladen auf der heißen Herdplatte backen, häufig wenden.

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