31.8.13

Roadtrip (Chilas, 22.08.2013)

Weil ich's grade schon so schoen gewohnt bin, wache ich um halb sechs auf und freue mich sehr, dass ich heute ausnahmsweise mal weiterschlafen kann - und prompt verschlafen wir fast! Schnell packen wir um, holen die ueber Nacht tatsaechlich getrockneten Sachen vom Balkon und fruehstuecken gemuetlich, waehrend wir uns auf SZ-Online erstmal wieder auf den aktuellen Stand des Weltgeschehens bringen (aus Pakistan gibts nur schlechte Neuigkeiten).
Anschliessend moechte Kamal mit uns unbedingt noch ein Video drehen, in dem wir erzaehlen sollen, wie toll er das alles organisiert hat, so eine Art Werbevideo fuer kuenftige Interessenten. Da wir seine Arbeit wirklich toll fanden, machen wir das natuerlich gerne.
Um 10 Uhr ist Abfahrt mit einem recht luxurioesen Jeep und einem schweigsamen Fahrer, und gemeinsam mit Rob und Olga, die auch fuer die Idee eines Roadtrips zu begeistern waren, machen wir uns auf Richtung Islamabad (900 km), auch wenn wir heute "nur" bis Chilas wollen (ca. 200 km).
Zuerst geht es fuenf Stunden am Indus entlang, auf einer engen Strasse oberhalb des Ufers, auf der ausser uns vor allem bunte Bedford-Trucks, Militaerlaster und Huehnertransporter unterwegs sind. Ueber den Fluss ziehen sich immer wieder kleine Bruecken aus Yakhaar, also nur zwei Seile seitlich zum Festhalten und ein dickeres in der Mitte zum Draufstehen. Da muss man schwindelfrei sein! Auf der anderen Uferseite entdecken wir im Fels viele in den Stein gehauene Huetten, wohl Unterkuenfte fuer die Minenarbeiter, die dort recht unwirtlich leben und Quarz (?) abbauen.
Es ist heiss und staubig, und wir freuen uns ueber jeden kurze Pause, z.B. um am Strassenrand die dort feilgebotenen Granataepfel und Trauben zu bestaunen. Ein Jammer, dass die hier keinen Alkohol trinken, die haben die tollsten Haenge dafuer! Rob kauft Trauben, die es nur kiloweise gibt, und so verzehren wir die gemeinsam als Mittagessen, ausserdem zaubert Olga noch - steinharte - getrockenete Aprikosen hervor.
Unser Fahrer schafft es, gleichzeitig zu essen und dennoch die Hupe auf Dauerbetrieb zu halten, die ist das wichtigste Utensil, vor jeder der zahlreichen Kurven, die immer durch den Fels uneinsehbar sind, wird sie genutzt.
Um 15 Uhr erreichen wir endlich den Karakorum Highway (KKH), bei der Auffahrt ueber eine letzte Bruecke werden wir freundlich an den wartenden LKW vorbeigewunken. Kaum geniessen wir die schoen alphaltierte Strasse, werden wir von einer Polizeikontrolle gestoppt und angewiesen, ab sofort mit einem Minivan voller koreanischer Touristen im Konvoi zu fahren. Bei den Koreanern steigt dann noch ein bewaffneter Polizist ein, um persoenlich fuer unsere Sicherheit zu sorgen. Vor drei Wochen wurde hier auf diesem Streckenabschnitt ein Polizeiauto beschossen, seitdem ist man nervoes und bangt vor allem um die Sicherheit der Touristen. Einheimische Privatpersonen sind hier sowieso praktisch nicht unterwegs. Ueberall sieht man schwer bewaffnete Soldaten in offenen Jeeps fahren, die Patronenguertel umgeschnallt.
Als wir einen traumhaften Blick auf den Nanga Parbat haben, haelt unser Fahrer netterweise kurz an, damit ich ein Foto schiessen kann, das fuehrt sofort zu Diskussionen mit unserem bewaffneten Begleiter im Auto vor uns. Auf der Gegenspur kommen uns des Öfteren Konvois aus bis zum 10 Reisebussen entgegen, bei denen immer zig Einheimische noch auf dem Dach mitfahren.
So langsam kommen wir in den Bezirk Haramosh, die Maenner tragen hier alle sog. Balti-Muetzen und sind deutlich baertiger als die in Baltistan. Als wir an einer Tankstelle halten, ist gerade Gebetszeit, und die sich gerade dort befindenden Pakistanis packen kurzerhand ihre Gebetsteppiche aus und verneigen sich Richtung Mekka - dies liegt aber offenbar genau hinter dem grossen Werbeschild der Tankstellenkette, so dass es so aussieht, als beteten alle das Shell-Logo an.
Trotz des hochtrabenden Titels "Highway" ist dieser seit 30 Jahren eine Dauerbaustelle durch die staendigen Erdrutsche. Irgendwann kommt ein Schild "Islamabad 650 km", na also, wir naehern uns an! Die Berge hoeren trotzdem noch laengst nicht auf, immer wieder tauchen am Horizont riesige Gletscher auf.
Um 18 Uhr erreichen wir Chilas, wir hatten eine Stadt erwartet, stattdessen ist dieser wichtige Knotenpunkt nur ein winziges Dorf mit einer staubigen Hauptstrasse, ein paar Auto-Werkstaetten, zwei Hotels fuer Durchreisende. Das unsere (Hotel Panorama) ist eher schaebig, mit abblaetterndem Putz, vergilbter Dusche und einem vor Schreck von der Wand fallenden Gecko, dazu faellt dauernd der Strom aus, es ist sehr heiss, und im Garten versammeln sich gerade 30 Pakistanis ins Salwars zum Gebet. Die Suche nach einem Shop fuer Wasser und Kekse gestaltet sich schwierig, denn es ist bereits alles geschlossen und stockfinster, denn gerade ist mal wieder Gebetszeit, hier ist man offenbar deutlich glaeubiger als noch in Skardu.
Im Restaurant des etwas nobleren Hotels gegenueber stehen schwerbewaffnete Polizisten, die unsere Namen sofort mit einer ominoesen Meldeliste abgleichen wollen, und nach dem Essen (das ganz in pakistanischer Manier mal wieder überhaupt nicht vegetarierfreundlich ist) werden wir von einem von ihnen, der eine dicke Maschinenpistole umgehaengt hat, die 50 m bis in unser Hotel und sogar bis vor unsere Zimmertuer begleitet, das ist schon ein wenig beklemmend! Habe ich doch heute morgen in Islamabad noch de Rundmail gelesen, die der deutsche Botschafter an alle Pakistanreisenden, die sich über die Homepage des Auswärtigen Amtes registriert und ihren Aufenthalt gemeldet haben, verfasst hat - mit der Bitte, man möge sich möglichst "low profile", also unauffällig verhalten...

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