29.8.13

Wieder in Rübezahls Hütte (Skam Sokh, 19.08.2013)

Oh, ich hab so gut geschlafen, und bin putzmunter, als ich um 6 Uhr aus dem Zelt krabble und in den halbwegs blauen Himmel schaue. Bevor es losgeht, müssen erst noch die Maultiere verarztet werden, die haben offene Stellen am Rücken, und man fragt uns nach Hilfe - Julia kramt daraufhin Bepanthen und Zinksalbe aus ihrer Reiseapotheke. Um 7 Uhr marschieren wir los, geradewegs hinein in den dichten Nebel, der sich in den folgenden Stunden auch nicht auflöst. Aber das ist eigentlich gar nicht so schlecht, so bleibt es angenehm kühl, hin und wieder spitzelt links ein 7.000er raus, und dank einer schönen Playlist im Ohr geht es sich recht automatisch.
Fast fünf Stunden brauchen wir, bis wir den Baltoro-Gletscher endlich hinter uns gelassen haben, der Weg über die aufgetürmten Geröllhügel zieht sich, es ist eine dauernde Rutschpartie, beim Gehen über die großen Gesteinsbrocken braucht's volle Konzentration. Riesige Eishöhlen gähnen links und rechts des Wegs, der Gletscher rumort, überall purzeln Steine.
Endlich stehen wir am Ende des Gletschers, unter uns schießt der Braldu-Fluss braun und schäumend hervor, dem wir nun weiter folgen.
Um 12 Uhr erreichen wir endlich Payu, den hübsch gelegenen Campingplatz, wo unser Küchenteam schon ungeduldig mit dem Mittagspicknick auf uns wartet. Endlich können wir danach im eigenen Tempo weitergehen, über den Gletscher war der Weg oft nicht eindeutig erkennbar bzw. kurz zuvor abgerutscht, so dass Akbar als "Leitwolf" immer vorausgehen musste. Nun ist der Pfad entlang des Flusses kaum mehr zu verfehlen, und so verteilen wir uns schnell durch das individuelle Gehtempo.
Erst am schon bekannte Schmelzwasserfluss, den wir vor neun Tagen bereits überqueren mussten, treffen wir uns wieder. Durch das kühle Wetter der letzten Tage ist er um die Hälfte zusammengeschrumpft, und so geht das Überqueren dank großer Steine und der tatkräftigen Hilfe unserer Pakistanis deutlich leichter, zumindest wir Trekker bekommen diesmal keine nassen Füße.
Wir wandern weiter, Norman und ich nehmen einen falschen Abzweig, und müssen ein ganzes Stück über große Felsen direkt über dem eiskalten Braldu entlang hangeln, bis uns Zweitkoch Chakpir wieder einsammelt. Dank nun flotterem Gehtempo erreichen wir Skam Sokh um halb vier; als wir vor neun Tagen hier zur Mittagspause waren, hatte es 40 Grad und kein bisschen Schatten. Heute stürmt es, dass die Luft voller Sand ist, der zwischen den Zähnen knirscht, und am Himmel ballen sich bedrohliche Wolken über den schneebedeckten Bergen zusammen.
Wir sitzen herum und beobachten das Treiben ums Pferde-Abladen (die sich daraufhin sogleich im Sand wälzen und danach hinauf ins Gebirge verschwinden, um dort irgendwo zu grasen), Zelte-Aufbauen (bei dem Wind gar nicht so leicht), "Küche" einrichten... Freundlich werden wir vom Besitzer des Platzes, einem jungen Pakistani, sowie von dem bärtigen Alten, der hier während der Jagdsaison mehrere Monate haust und der uns beim letzten Mal so gastfreundlich in seiner rußgeschwärzten Steinhütte untergebracht hat, begrüßt. Der Alte sieht aus wie eine Mischung aus Räuber Hotzenplotz und Rübezahl, freut sich aber offenbar über Gesellschaft, außer unserer Gruppe ist kein Mensch weit und breit zu sehen.
Als wir bei Tee und Keksen sitzen, kommt Chefkoch Muhammed und bittet wieder um medizinische Hilfe: Küchenassistent Hussein hat Schmerzen in der Schulter, wohl eine Zerrung von der schweren Transportkiste. Schnell eilen Olga und ich los, um Schmerztabletten und Voltaren zu holen, und versorgen den hübschen Burschen, der recht kläglich dreinschaut. Bei dem Gepäck, dass die Kerle sich hier täglich aufladen, ist das kein Wunder; zwei der Träger sind gar ältere Männer (auch wenn das Alter bei den Gesellen, zahnlos, grau und faltig, wie sie sind, schwer zu schätzen ist), die sich genauso wie die Jüngeren jeden Tag riesige Kisten und Tonnen voller Zelte, Kartoffeln, Geschirr etc aufladen.
Spätnachmittags bricht dann der Regen los, irgendwie haben wir wirklich ein schlechtes Wetterkarma, aber zumindest erwischt es uns immer erst nachmittags, und außerdem haben wir so auch immer ein Gesprächsthema, während wir beim Abendessen (heute: Dal aus gelben Linsen und Pasta) sitzen. Doch die fast neun Stunden Fußmarsch heute machen sich bemerkbar, und wir schleichen früh müde ins Zelt.

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