24.8.13

Eisfüße (Concordia, 15.08.2013)

"Allahu akbar", "Allah ist groß", sind sich alle am nächsten Morgen einig. Die ersten Sonnenstrahlen spitzeln um 6.30 Uhr zwischen den Wolken durch, und endlich gibt's einen tollen Blick auf Chogolisa und die anderen Gipfel. Durch die tiefe Schneefallgrenze ist alles frisch gepudert.
Schnell breiten wir alle klammen Sachen auf den Steinen aus, die Höhensonne trocknet sie schnell, und so zögern wir den Aufbruch hinaus.
Akbar schickt einen der jüngsten Träger heute nach Hause, seine Arbeit ist getan, so bekommt er schon jetzt sein Trinkgeld, und Norman kramt aus seiner Tasche noch ein Shirt und ein paar warme Socken als Geschenk, weil der kleine Kerl gar so abgerissen aussieht.
Frohgemut marschieren wir um halb neun los, vorbei an Eispyramiden, deren Anblick nun doch für den gestrigen Tag entschädigt. Immer weiter geht's auf dem Baltoro-Gletscher, nach wie vor führt der Weg im Zickzackkurs über Gräben, aufgeschüttete Hügel, immer steinig und vereist ist es. 
Um 11 Uhr machen wir unser Mittagspicknick, schnell ist Nudelsuppe und Teewasser bereit, an Wasser mangelt es hier ja nicht. Während wir essen, holen uns die Wolken leider wieder ein, und der Regen beginnt von Neuem.
Wir eilen los, bloß nicht wieder so durchnässen wie gestern! Dabei passieren wir einen Stützpunkt des pakistanischen Militärs, ringsum sieht's aus wie auf einer Müllhalde, und dazwischen sitzen die Soldaten mitten in der Berglandschaft und bewachen die kaschmirische Grenze.
Um halb zwei erreichen wir endlich, nach wie vor im Nieselregen, das "Ziel" unserer Tour, den Concordia-Platz auf 4.600 m. Leider ist überhaupt nichts zu sehen von den spektakulären Gipfeln ringsum, alles ist wolkenverhangen und grau, und so ist es momentan nur eine Steinwüste mit viel Eis darunter und ein paar Schmelzwasserseen und Spalten dazwischen.
Die Zelte stehen schnell, doch ich bleibe im Küchenzelt sitzen, da ist es dank des Kochers wenigstens warm. Schnell halte ich eine Tasse heißen Kaffee in der Hand, und Muhammed zeigt mir, wie er die leckeren Pakoras zubereitet, die es heute mal wieder gibt. Natürlich darf ich schon fleißig probieren, während ich mit Akbar über seine Familie plaudere. Der taut zunehmend auf, und versichert Norman, dass er mich getrost in dieser Männerrunde alleine lassen dürfe, da ich kurzerhand als "sister" deklariert werde und damit quasi Familienmitglied bin. Ansonsten werden hier konsequent immer nur die Herren von unseren Pakistanis angesprochen, und zwar höflich als "Mister Norman", "Mister Rob" und "Mister Tobias".
Ausgerüstet mit einer vollen Flasche heißen Wassers spaziere ich irgendwann ins Zelt und kuschle mich in den Schlafsack, alle dösen, lesen und versuchen, das blanke Eis und die harten Steine unter unseren Zelten zu ignorieren.
Mit der Höhe kommen wir Trekker erstaunlich gut zurecht, beim schnellen Aufstehen merkt man sie, Julia kämpft ein bisschen mit niedrigem Blutdruck, Rob und Olga nehmen regelmäßig Diamox und sind damit quasi gedopt.
Um halb acht werden wir zum Abendessen gerufen, das in Windeseile erfolgt, da alles so schnell kalt wird. Wir sitzen in Daunenjacken, Skiunterwäsche und Mütze da, umklammern heiße Teetassen und plaudern noch ein wenig über die Verrückten, die hier bei -32 Grad Winterbesteigungen an den Gasherbrum-Gipfeln, am K2 oder am Broad Peak versuchen. Uns reichen die knapp 0 Grad schon, v.a. die Füße werden auf dem Eis so schnell kalt.
Deshalb kriegen Norman und ich heute gleich zwei "Wärmflaschen" für die Nacht, und so ausgerüstet kriechen wir uns Zelt, dessen Reißverschluss uns diesmal echt zu schaffen macht, da er sich nur nach gutem Zureden einigermaßen schließen lässt.
Kalte Luft zieht von draußen rein, aber zumindest ist es seit zwei Stunden trocken, und so steht der Plan, morgen zum K2-Basislager zu gehen, eine gut zehnstündige Tour ist das, die sich aber nur bei gutem Wetter lohnt.

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