27.8.13

Panda-Look (Goro I, 17.08.2013)

Heute morgen sitzen gleich zwei "Pandas" beim Frühstück, nicht nur Olga, die schon seit vier Tagen sonnenverbrannt ist, sondern auch ich bin rot mit Sonnenbrillen-Abdruck. Das bisschen Sonne gestern Vormittag, reflektiert vom Gletscher auf 5.000 m - da half selbst die Sonnencreme LSF 30 nicht mehr. So werde ich während des Frühstücks von allen Anwesenden aufgezogen, während Chakpir heißen Porridge, frische Pfannkuchen und Omelett serviert. Die Eier dafür tragen die Porter in ihren blauen Tonnen, die an selbstgeschweissten Gestellen befestigt werden, auf dem Rücken; gestern konnte ich im Küchenzelt noch etwa 100 rohe Exemplare entdecken. Der Inhalt des Nutella-Glases (unser Heiligtum) ist nach den nächtlichen Temperaturen von -4 Grad (im Zeltinneren!) leider gefroren.
Bis die Sonne über die Gipfel kriecht, ist es eiskalt, alle stöhnen über kalte Füße, und das Zähneputzen mit dem abgekühlten Wasser unserer "Wärmflaschen" muss schnell gehen. Das Zusammenpacken ist nun, nach mehr als einer Woche, gut eingespielt; Akbar erzählt, dass nun wieder einer der Träger fertig sei - wir also seinen Transportanteil fleißig aufgegessen haben - und heimgeschickt wird.
Um 8 Uhr brechen wir, gut eingepackt in Mütze, Handschuhe, Daunenjacken auf und machen uns an den fünftägigen Rückweg nach Askole. Beim Gehen wird's schnell warm, auch spitzelt die Sonne hervor, und Jacken etc wandern in die Rucksäcke. Tobias und Norman sind heute beide etwas angeschlagen und kämpfen mit dem Magen, uns anderen steckt der gestrige Gewaltmarsch in den Knochen und Füßen, so dass wir im eher gemäßigten Tempo über den Gletscher gehen, meist schweigend, nur unterbrochen von diversen Stopps zum An- und wieder Ausziehen, denn Regenschauer wechseln sich quasi halbstündlich mit Sonnenschein ab, Rob bezeichnet das gar als "typical English weather"!
Wir treffen auf drei junge Männer, Angehörige des Militärs, die unbedingt Fotos von uns mit ihren Handys machen wollen, bevor sie für drei Monate im auf 6.000 m gelegenen Camp am Siachen-Gletscher verschwinden, um die Grenze zu Kaschmir zu bewachen.
Unser Mittagspicknick halten wir auf dem (nicht als solcher zu erkennenden, wäre da nicht ein einsames Klozelt mitten im Eis) Campingplatz Goro II, während von den Hängegletschern Lawinen abgehen. Die Speisenfolge Nudelsuppe - Chapattis - Happy-Cow-Käse - hartgekochte Eier - Dosenfrüchte - Kekse - pakistanisches Studentenfutter (getrocknete Maulbeeren, Mandeln) und natürlich Tee ist jeden Tag fix, das belustigt uns, aber trotzdem essen wir alles auf, und weiter geht's.
Kurze Zeit später treffen wir auf eine Karawane, bestehend aus 40-50 Maultieren, die alle voll beladen sind mit den Überresten eines aufgelösten Militärcamps und nun gemeinsam mit den verwegen aussehenden Begleitern talwärts stapfen. Der sich über Spalten und Gräben schlängelnde Pfad, der durch das abschmelzende Eis eh schon glitschig ist, wird durch die vielen Tiere vor uns auch nicht schöner, und alle sind froh, als wir gegen 14 Uhr unser heutiges Etappenziel, Goro I Camp, erreichen.
Gerade rechtzeitig ist der Zeltaufbau noch bei Sonnenschein beendet, schon geht der nächste Schauer runter, und wir verkriechen uns in die Schlafsäcke. Ich lese, döse, genieße die nachmittägliche Pause und versorge meinen Sonnenbrand und die schmerzenden Füße, mein linker großer Zeh ist seit Tagen völlig taub und gefühllos.
Nach wir vor ist es schade, dass die umliegenden Gipfel meist hinter der Wolken versteckt sind, selbst heute morgen bei verhältnismäßig gutem Wetter konnten wir den K2 nicht in voller Pracht sehen. Ein wenig ernüchternd ist es natürlich auch, wieder genau denselben Weg zurückgehen zu müssen, da die Passüberschreitung aufgrund einer eher unverständlichen politischen Entscheidung für diese Saison unmöglich geworden ist.
Die Landschaft ringsum ist - bis auf die beeindruckenden Fels- und Schneehänge - sehr eintönig, nur Stein und Eis, oberhalb von 3.400 m wächst hier auch nichts mehr, und außer den Mulis und ein paar Dohlen ist hier nicht viel Leben.
Der viele Regen überrascht alle, immer noch tragen wir feuchte und inzwischen müffelnde Klamotten in den Rucksäcken mit uns herum, ohne Gelegenheit zu haben, diese zu trocknen oder mal die Schlafsäcke auszulüften. Die Körperpflege muss, seitdem wir auf dem Gletscher unterwegs sind, ausfallen, es ist viel zu kalt, um auch nur mal kurz aus den diversen Klamottenschichten zu schlüpfen.
Zum Abendessen kocht Muhammed tolles Dal (Linseneintopf), unseren Magenkranken wird davon allerdings abgeraten, die müssen sich an Suppe und Gemüse halten, prima, dann bleibt mehr für uns!
Die Nacht wird nochmal kalt und ungemütlich, die Uhr, die auf dem Zeltboden liegt, zeigt, da ja direkt unter uns das Gletschereis ist, -4 Grad an, und es regnet ununterbrochen. Am meisten tun mir in solchen Nächten die Träger leid. Während das Küchenteam und Akbar im - durch den Kocher - relativ warmen Küchenzelt schlafen, verkriechen die sich in die "Porter-Unterkünfte": kniehoch mit einer Steinmauer eingefasste, vielleicht 4 Quadratmeter große Flächen, über die sie eine Plastikplane als Regenschutz legen und darin eingekuschelt zu fünft oder sechst, nur mit einer dünnen Isomatte darunter, schlafen.

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