22.9.11

Eine Zugfahrt, die ist lustig... (14.09.2011)

Das ist ein echter Urlaub für Frühaufsteher - um 5 Uhr klingelt der Wecker, ich springe unter die kalte Dusche, und hab leider mal wieder ein bisschen Bauchschmerzen, die wir inzwischen alle kennengelernt und "Wehen für Anfänger" getauft haben. Aber alles halb so wild, um 5:30 Uhr stehen wir mitsamt Gepäck in der Dunkelheit auf der Straße, im tiefschlafenden Hampi, das gut und gerne einen Tag Aufenthalt mehr wert gewesen wäre!!
Zum Glück steht unsere Rikscha bereit, wir steigen ein, und verschlafen lassen wir uns Minute für Minute durch die recht kühle (man braucht sogar einen Schal über dem T-Shirt!) Morgenluft fahren. So ganz langsam dämmert es am Horizont, und um kurz vor 6 Uhr hält unser Fahrer an und verkündet, dass wir am Ziel sind. Leider stimmt das nicht, denn er hat uns zum Busbahnhof chauffiert, wir wollen aber in den Zug steigen. Wir werden etwas pampig, schliesslich fährt unser Zug in 30 Minuten ab, der Fahrer beschwichtigt uns und steigt erstmal kurz aus, um nach dem Weg zu fragen. In aller Seelenruhe kommt er eine gefühlte Ewigkeit später zurück. Um einen Inder in Hektik zu versetzen, braucht's offenbar mehr als läppische Zugfahrpläne.
Zum Glück ist der Bahnhof nur ein paar weitere Fahrminuten entfernt. Und dann hat unser verschnarchter Fahrer auch noch den Mumm, um eine Erhöhung des vereinbarten Fahrpreis zu bitten, schließlich habe er jetzt ja auch viel weiter fahren müssen. Da kommt er aber an die Falschen, wir geigen ihm unsere Meinung dazu und betreten schimpfend den Bahnhof.
Hier gibt es zum ersten Mal überhaupt eine richtige Anzeigetafel mit allen nötigen Informationen, das ist ja luxuriös, und wir gehen zum Gleis, sitzen dort ewig herum, denn unser Zug hat Verspätung. Über uns in den Bäumen kreischen Fledermäuse, es gibt frischen Chai am Stand nebenan, und wir beobachten, wie die Zug-Chai-Verkäufer ihre Kannen und Becher für den nächsten Einsatz vorbereiten. Auch das läuft hier immer ein wenig umständlicher und langsamer ab, als man sich das bei uns vorstellen könnte...
Der Zug ist rappelvoll, wir müssen ein wenig die bereits auf unseren Plätzen sitzenden Jungs verscheuchen, letzten Endes sitzen wir auf den 6 Plätzen, die jedes Abteil bietet, zwischenzeitlich zu acht. Auf den zwei Plätzen im Gang lassen sich sogar bis zu fünf Inder nebeneinander nieder und sitzen dort geduldig wie die Hühner auf der Stange.
Es sind fast nur Männer unterwegs, und es wird ganz schön kuschelig. Diesmal vergehen die acht Stunden Fahrt nur im Schneckentempo, wir haben leider kaum Platz, um mal die Sitzposition zu wechseln oder gar ein Nickerchen zu machen. Es ist ganz schön warm, denn jedes Mal, wenn draußen ein Regenschauer niederprasselt, werden alle Fenster geschlossen und die Raumtemperatur steigt sofort um 10 Grad an.
Die jungen Männer neben uns spielen Stunde um Stunde begeistert Canasta auf einem ausgebreiteten Tuch. Nitschi ist heute besonders mutig und probiert tatsächlich das Mittagessen, welches die Zugverkäufer anbieten (Reis mit Gemüse). Zum Glück bleibt das folgenlos...
Mit gut einer Stunde Verspätung erreichen wir Margao in Goa wieder - wir haben nun 90 Minuten bis zur Weiterfahrt, sind also doch recht knapp getaktet. Daher reicht die Zeit nicht aus, um den Bahnhof zu verlassen, und so kehren wir zum Essen in die Bahnhofsspelunke ein. Die Nudeln mit Gemüse sind aber erstaunlich lecker, und auch dieses Mahl werden wir wohl unbeschadet überleben.
Am Stand draußen statten wir uns mit Nüssen und Cola aus, und lösen unter dem strengen Blick des Angestellten unsere Rucksäcke aus, dürfen diese aber keinesfalls im Gepäckraum öffnen. Na gut, dann eben draußen auf dem Bahnsteig, wo wir beim Umpacken interessiert von den Umstehen beäugt werden.
Der Zug nach Mumbai fährt relativ pünktlich ein, wir hoffen für die nun folgende 14-Stunden-Fahrt auf etwas mehr Platz als bei der vorhergehenden Etappe. Da unsere gewohnte "Sleeper Class" hier schon ausgebucht war, haben wir uns die bessere, klimatisierte "AC 3-tier Class" geleistet, und wirklich, hier sitzen nur wenige Passagiere, und die sind sichtlich wohlhabender.
Wir machen's uns gemütlich, holen Knabberzeug, Becher, Rum, Mangosaft und Cola heraus und ratschen uns gerade so schön ein, als der Schaffner kommt. Er verkündet, dass wir "upgegradet" wurden und in die noch bessere "AC 2-tier class" umziehen dürfen. Aus unerfindlichen Gründen. Leider müssen wir dazu mit unserem gesamten Gepäck einmal durch den gesamten, fahrenden und damit ruckelnden Zug rennen.
So richtig hübsch ist es in unserem neuen Domizil nicht, eher ist das Abteil schon etwas "verwohnt". Luxuriös ist nur, dass es hier Vorhänge vor den Liegen gibt, immer nur 2 (und nicht 3) übereinander angebracht sind, diese sogar ein klitzeklein wenig länger sind, wie Nitschi feststellt, und uns ein eigener "Wagon-Steward" mit Laken, Decken und Kissen versorgt. Nicht schlecht.
Die Sache mit unserem Rum gefällt diesem Herrn aber gar nicht, offenbar ist Alkohol im Zug verboten, also trinken wir die Flasche ganz schnell aus. Auch in diesem Abteil laufen Verkäufer mit Getränken und Essen durch, allerdings schreien sie nicht ganz so laut. Als "Betthupferl" kaufen wir uns einen Becher "garam" (=heiß) tomato soup im Becher, weil die gar so enthusiastisch angepriesen wird. Die indische Großfamilie mitsamt dauerrülpsender Oma im pastellrosafarbenen Sari bettet sich neben uns zur Ruhe, also legen auch wir uns in unsere schmalen Betten. Wenn man den Vorhang zuzieht, hat es ein wenig Gefängnis- oder Sargatmosphäre, weil man wegen der hochgepriesenen Klimaanlage auch die Fenster nicht öffnen kann. Die sind doppelverglast und wegen der Feuchtigkeit im Zwischenraum angelaufen, so dass man auch nicht rausgucken kann.
So schlafe zumindest ich mehr schlecht als recht, trotz der besseren Klasse ist es auch hier die ganze Nacht über unruhig, mal schreit ein Kind, mal steigen Leute ein und aus, mal läuft Wachpersonal mit Taschenlampen durch, dazu bleibt der Zug auch stetig und über längere Zeiträume einfach mitten irgendwo in der Dunkelheit stehen und fährt dann ruckelnd wieder an...

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