5.9.11

Licht und Schatten Indiens am Taj Mahal (01.09.2011)

Wieviel man wohl in einer Nacht in so eine Matratze schwitzt? Egal, um 5:30 Uhr klingelt der Wecker, wir bringen uns verschlafen in einen ausgehfaehigen Zustand und gehen zu Fuss die 3 Minuten zum Osttor des Taj Mahals. Dabei passieren wir die oertliche "Muellkippe", auf der zig Maenner sitzen und gerade ihre "Morgentoilette" verrichten - und damit meine ich nicht, dass sie sich rasieren oder so. Ach herrje, wie das stinkt!
Am Taj-Eingang stellen wir fest, dass die Ticketschalter 2 km entfernt sind - also marschieren wir los, verfolgt von zaehen Rikschafahrern, vorbei ein einem soeben verendeten Schwein, das gerade von raeudigen Strassenkoetern angefressen wird, und an uebelkeiterregend stinkenden Baechen. Es ist grade mal 6 Uhr.
Nach 15 Minuten Marsch kommen wir am Schalter an, kaufen die Tickets (die unfassbare 12,50 Euro pro Person kosten), bekommen dafuer jeder noch eine Flasche Wasser, 1 Paar Schuhueberzieher und die Rueckfahrt zum Eingang gratis, und dann sind wir auch schon drin.
Die Sonne schiebt sich langsam ueber die Baeume und taucht den weissen Marmor in einen goldenen Glanz. Obwohl ich nun schon zum 2. Mal hier bin, bin ich sprachlos und hingerissen von der Schoenheit dieses riesigen Bauwerks: es ist so filigran trotz seiner Groesse, so wunderschoen symmetrisch mit vielen kleinsten Details, die alle nur dazu da sind, es noch schoener zu machen. Stundenlang koennte ich einfach nur schauen, ohne mich sattzusehen.
Ein wenig nerven die Touristen, die dastehen und bloede Fotos von sich aber, aber es sind zum Glueck gar nicht allzu viele da. Nach dem obligatorischen Foto, das wir natuerlich auch machen, schlendern wir nun auch langsam auf den Taj zu. Erst wenn man direkt davor steht, erschliesst sich einem langsam die immense Groesse dieses Grabmals; das sonst keinerlei Zweck erfuellt, als zwei winzige Saerge zu beherbergen.
Wir ziehen brav die OP-Ueberzieher ueber unsere Schuhe, und dann laufen wir ueber den glaenzenden weissen Marmor durchs Tor ins Innere. Drinnen: blanke Begeisterung ueber die tausenden winzigen bunten Blumen, die in die Marmorwaende rund ums Grab eingelassen sind, keine sieht aus wie die andere, und obwohl aus Stein, wirken sie ueberaus lebendig. Irgendwann kann ich  mich losreissen, draussen warten schon Mara und Nitschi, von der Rueckseite aus hat man einen schoenen Blick ueber den Yamuna.
Wir besichtigen noch die Moschee und deren Schwesterbau links und recht vom Taj, oben am Gelaender steht derweil ein Scharfschuetze und beobachtet das Geschehen rund ums Bauwerk.
Gegen 8 Uhr verlassen wir das Gelaende und steuern das gegenueberliegende Cafe an, dort gibts tatsaechlich einen Grande Cappucchino, Sandwiches, Muffins, hurra!
Auf dem Rueckwegs ins Hotel dann die uebliche Belaestigung durch die Verkaeufer, Stadtfuehrer, Rikschafahrer, die sich wie die Hyaenen auf uns stuerzen, dazu der Gestank, wir laufen daher recht schnell.
In unserem Zimmer packen wir unsere Rucksaecke so, dass die noetigen Sachen fuer die beiden kommenden Naechte im Zug griffbereit sind (Schlafsack, Deo, Zahnbuerste, Oropax), und nehmen die vermeintlich letzte Dusche fuer die kommenden 48 Stunden - im Moment bei der Aussentemperatur eine grauenhafte Vorstellung!. Wir checken aus und duerfen unser Gepaeck noch im Hotel lassen und einschliessen.
Wir beschliessen nun, es den nervigen Rikschafahrern zu zeigen, und ganz verrueckt die 2 km zu Fuss zum Agra Fort zu gehen. Es ist ein Spiessrutenlaufen, alle 2 m haelt ein Gefaehrt neben uns und es ertoent die Frage: "Where are you going?" oder "Do you need rickshaw?". Aaaah! Wir fluechten von einer Strassenseite auf die andere, versuchen eine Abkuerzung durch einen Park, und kommen gut durchgebraten nach einer halben Stunde am Fort an.
Zuerst muessen wir den Getraenkestand davor pluendern, dann geht's erst hinein. Dank guter Durchlueftung ist es in den offenen Vestibuelen und Pavillons des wirklich beeindruckend grossen ehemaligen Palastes erstaunlich kuehl, der weisse Marmor ist zudem angenehm temperiert. Wir sind die Attraktion saemtlicher maennlicher Inder unter 30, muessen ein Gruppenfoto nach dem anderen machen, manchen werden wir "heimlich" mit Handys fotografiert, manche sind mutig, andere schuechtern, die meisten sehr hoeflich - wir kommen uns vor wie Angelina Jolie, fragen uns aber schon, was die wohl mit den Fotos so anstellen...
Eine Gang Schulbuben um die 12 ist besonders mutig und hartnaeckig und umkreist uns, selbst als wir uns auf einer Parkbank ausruhe, dabei ruecken sie nach und nach immer naeher, waehrend wir uns an den putzigen Streifenhoernchen auf dem Rasen erfreuen.
Irgendwann langt's uns dann, das ist doch zuviel Aufmerksamkeit - Nitschi muss einen Herrn zurechtweisen, der sie unentwegt heimlich knipst. Und so nehmen wir eine Rikscha zurueck nach Taj Ganj. Der Weg zur Rikscha ist voller Haendler, die uns ungefragt ihre Waren unter die Nase halten. Jetzt brauchen wir wirklich eine Pause und Mittagessen, wir finden die wohl huebscheste Dachterrasse Agras und stellen im Folgenden unter Beweis, wie gut wir darin sind, die Zeit totzuschlagen.
Geschlagene 4 Stunden stizen wir hier naemlich im Schatten zwischen Blumentoepfen, mit Blick auf den Taj Mahal, essen eine Kleinigkeit, trinken Wasser, Lassis und Chai, lesen, doesen und ratschen, bis dann doch irgendwann einmal die Rechnung gebracht wird. Ein herrlich fauler Nachmittag.
Schliesslich verbringen wir noch ein Stuendchen im Internetcafe, dann lassen wir uns vom hartnaeckigsten Restaurantinhaber ueberreden, zum Abendessen auf seiner Dachterrasse einzukehren - den Zuschlag bekommt er vor allem, weil's da Bier gibt. Es ist zwar ein wenig schmuddelig, der Kellner der langsamste Mensch der Welt, das Klo nur mit einem Vorhang abtrennbar, aber dafuer hat man einen prima Blick auf den "Dorfplatz", auf dem sich die Strassenkoeter grade recht anschaulich "vergnuegen". Die Schwimmer des alljaehrlichen Yamuna-Wettschwimmens werden soeben von ihren Teams wortwoertlich mit Pauken und Trompeten vorbeigefuehrt und Richtung Wasser eskortiert.
Das Bier ist kalt und lecker, und so vergeht auch der Abend noch erstaunlich schnell, es wird viel gelacht. Gegen 22 Uhr holen wir unser Gepaeck und lassen uns zum Bahnhof bringen. Dort campieren hunderte Menschen direkt am Gleis, wir passen uns sofort an, holen eine Decke aus dem Rucksack und lassen uns haeuslich nieer. Mara bespasst fuer die naechste Stunde saemtliche Kinder der Umsitzenden, die Kleinen sind ganz bezaubert.
Um 23:15 Uhr faehrt der Zug ein, schnell finden wir unsere Plaetze im Schlafabteil und richten uns auf der Pritsche ein. Zaehne putzen im Klo, Ohrstoepsel rein, und gute Nacht! Ich liege direkt am offenen Fenster, sehe die Sterne und der Wind pfeift um meine Nase, was aber bei den Temperaturen aeusserst angenehm ist. Ich schlage immerhin ein paar wenige Stunden ganz gut, auch wenn bei jedem Halt ein Kommen und gehen die ganze Nacht ueber ist.

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