21.9.11

Ruinen-Besichtigung im Schnelldurchlauf (13.09.2011)

Um 6:30 Uhr verlassen wir unser schönes Hotelzimmer, draußen steht schon ein Taxi für uns bereit. Leider verlangt der Fahrer einen irren Preis, aber in Ermangelung von Alternativen müssen wir wohl oder übel leicht grantig zustimmen. Am Bahnhof von Margao gibt es doch tatsächlich eine Gepäckaufbewahrung; der Angestellte dort ist leider ein wenig ein Korinthenkacker und nimmt seine Vorschriften sehr genau. Bevor er überhaupt auf irgendeine unserer Fragen bezüglich Preis und Procedere antwortet, wiederholt er stoisch zigmal "Lock!" und zeigt dabei auf die Reißverschlüsse unserer Rucksäcke. Ja doch, irgendwann haben wir verstanden und holen unsere Schlösser hervor, er kriegt die Krise, also wir dazu die Rucksäcke öffnen und sagt weiter, schon leicht agressiv, "Lock!!!". Ja-ha, aber dazu müssen wir doch erst den Rucksack aufmachen... Endlich ist alles ordnungsgemäß verstaut und verschlossen, Mara sagt trocken beim Rausgehen aus der Gepäckaufbewahrung: "D'r ganze Bua a Depp!", wir können also unsere Reise nach Hampi nur mit den Tagesrucksäcken antreten.
Am Kiosk kaufen wir Nüsse, Kekse und Wasser als Proviant und trinken noch einen Chai, während schmutzige Kinder und Mütter uns anbetteln. Wir ignorieren sie nach beherztem "No" weitgehend, nur wenn sie uns anfassen, werden wir ungemütlich, das muss nun wirklich nicht sein.
Ein sehr räudiger Hund liegt neben uns, im Gleis stinkt es schon wieder erbärmlich. Hunderte Leute warten bereits, als der Zug endlich einfährt. Wir finden unser Abteil in der Sleeper Class, der Zug ist zumindest in dieser Klasse nicht ganz so überfüllt wie in der billigsten, 2. Klasse.
Die folgenden knapp 8 Stunden Fahrt verbringen wir mit lesen, Kekse essen, Chai trinken - es ist erstaunlich, wie viel Zeit man an einem hellichten Tag mit nichtstuendem Herumliegen vertrödeln kann. Es wird draußen deutlich kühler, sehr hügelig, grün, mit Palmen dicht bewachsen. Kurz nach 15 Uhr, mit nur wenigen Minuten Verspätung, fahren wir in Hospet ein. Mit Rikschafahrer Ravi werden wir nach ausgiebigsten Verhandlungen einig, und los gehts, denn die Uhr tickt!
Zunächst werden wir zum Hauptkomplex der königlichen Tempelruinen chauffiert; Hampi war knapp 300 Jahre eine Hauptstadt mit etwa 500.000 Einwohnern, bevor es Mitte des 16. Jahrhunderts von den konkurrierenden Herrscher platt gemacht wurde. Die Anlage ist riesig, wohin man blickt, stehen verfallene Tempel im Grünen und auf den umliegenden Hügeln. Bevor wir reingehen, kaufe ich mir noch schnell eine frische Kokosnuss und trinke das leckere Wasser.
Drinnen sind wir schon am ersten Tempel die Hauptattraktion einer großen Gruppe indischer Damen. Sie nehmen uns in ihre Mitte, umarmen uns und es müssen zig Fotos davon gemacht werden. Na gut, wenigstens kommen wir so endlich mal zumindest kurz mit Frauen in Kontakt, und die Ladys sind auch wirklich sehr lieb und winken uns noch eine Weile nach. Sie sind wunderschön in ihren knallbunten Saris, hach, diese Farben!
Auf eigene Faust stromern wir nun im Schnellgang über das Gelände, vorbei an ehemaligen Elefantenställen mit eigener Garage für jedes Tier. Es tollen Streifenhörnchen herum, und einige Bauarbeiter(innen) sind am Werkeln - offenbar soll noch vieles mehr wiederaufgebaut und restauriert werden, die hinduistische Stätte gehört zum UNESCO-Weltkulturerbe.
Wieder draußen, erwartet uns unser Fahrer und bringt uns zum nächsten sehenswerten Gebäude, dem ehemaligen Bad der Königin. Wir müssen uns nun ein wenig beeilen, denn alles wird um 17 Uhr geschlossen, und wir haben noch 5 Minuten bis dahin. Aber wir nehmen uns einfach die Japaner zum Vorbild, wenn die Europa in 8 Tagen bereisen können, schaffen wir auch die Ruinen Hampis in den uns insgesamt zur Verfügung stehenden 90 Minuten. Im Bad scheucht uns der "Bademeister", ein alter Mann mit Stock, einmal rundherum, zeigt im Schnelldurchlauf hier einen Balkon, dort ein vermodertes Relief, sagt im Befehlston ab und zu "Photo!", und ist ein bisschen beleidigt, weil wir ihm kein Trinkgeld geben wollen. Schnell beschleunigen wir unseren Schritt, draußen balgen sich vier Affen um den Inhalt eines Mülleimers, und wir hüpfen wieder in die Rikscha.
Ravi bringt uns wilder Fahrt - es geht kurvig 5 km lang um noch viel mehr alte Tempel, verfallene Paläste und Häuser herum - nach "Hampi City". Das Dorf wirkt sehr mittelalterlich, die paar vorhandenen Häuser sind grade mal ein Stockwerk hoch, viele davon sind verfallen oder wirken verlassen. Mitten auf der Straße steht eine rostige, aus Wellblechplatten zusammengezimmerte Art Kirche. Die Hauptattraktion ist aber natürlich der Virupaksha-Tempel, eine wichtige Hindu-Gebetsstätte und Ziel vieler Pilger.
Bevor wir ihn betreten, kaufen wir noch Cola zur Stärkung und einen Haufen Bananen bei einer Straßenhändlerin. Denn drinnen im Tempel steht die 22jährige Elefantendame Lakshmi, die begierig nach unseren Bananen rüsselt und sich dafür geduldig streicheln lässt. Gegen ein paar Rupien würde sie uns noch segnen, erzählt der Elefanten-Wallah, aber wir finden, Bananen sind genug. In Ruhe schauen wir uns den relativ großen Tempel an, nur beäugt von den vielen Affen, die wohl auf unsere Cola spitz sind. Also lieber schnell austrinken.
Vor dem Eingang wartet Ravi immer noch auf uns und bringt uns zum Hotel Gopi, wo wir ein kleines Doppelzimmer mit Extramatratze auf dem Boden beziehen, das Mara mit geübtem Augenaufschlag auch noch im Preis runterhandelt.
Schnell wollen wir nochmal raus, bevor's endgültig dunkel wird, und shoppen in der Bude nebenan toll glitzernde Hindu-Götterpostkarten in rauhen Mengen. Leider sind die beiden Geldautomaten, die im Reiseführer eingezeichnet sind, wahlweise geschlossen oder das Gebäude ist nur noch eine Ruine. Ich bin komplett blank, und so müssen wir mit der Rikscha ins nächstgelegene Dorf fahren, um an Geld zu gelangen. Ganz passend geht gerade während der Fahrt zwischen den vielen Ruinen am Horizont die Sonne in spektakulärem Rosa unter. Allein dafür lohnen sich die acht Stunden Zugfahrt.
Und für das Restaurant Mango Tree, direkt am Fluss gelegen, eine Art Lounge mit tollem Essen (Falafel! Salat!), lecker Cola (na gut, vor allem lecker, weil wir sie mit unserem mitgebrachten Rum aufpeppen - in Hampi ist Alkohol nämlich strikt verboten, der Ort ist schließlich heilig), zirpenden Grillen, wir sitzen im Kerzenschein unter Bäumen, nur die Mosquitos sind angriffslustig. Aber zum Glück haben wir ja Nitschi dabei, die im Zweifelsfall eh das beliebteste Opfer ist.
Als wir die letzten Gäste sind, werden wir von einem Bub mit Taschenlampe durch einen Palmengarten zur Straße zurück geleitet, dafür stecken wir ihm doch gerne ein paar Münzen zu und laufen noch die paar Meter im Stockdunklen zurück ins Dorf. Hier gibt es mehr Internetcafés als in ganz Kalkutta, also lassen wir uns das nicht entgehen, und sitzen mal wieder für 1-2 Stunden am Computer. Draußen muht hin und wieder eine Kuh, drinnen sitzt ein riesiger Grashüpfer zwischen den verstaubten PCs.
Im Hotel richte ich's mir gemütlich auf der Matratze am Boden ein, immerhin finden wir im Flur ein Regal, in dem die Handtücher aufbewahrt werden. Die Trekkinghandtücher in meinem Rucksack sind nämlich nicht mehr ganz so taufrisch...

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