13.9.11

Stadt mit viel Patina - Kalkutta (06.09.2011)

Um 6:30 Uhr wache ich auf, die Sonne geht gerade ueber den Feldern auf, und hat jetzt schon sehr viel Kraft. Draussen: Reisfelder, Palmen, Fluesse (und kackende Inder entlang der Gleise). Mara ist auch schon wach, wir lesen, trinken Chai, legen uns irgendwann wieder hin und verdoesen den Vormittag. Gegen halb 12 fahren wir nach fast 14 Stunden Fahrt im Bahnhof von Kalkutta ein - es beginnt just im Moment des Aussteigens zu regnen, der Steinboden wird sofort rutschig, und wir bewegen uns auf unseren Flipflops aeussert vorsichtig zum Ausgang. In der Unterfuehrung zur Bahn bzw. zum Boot werden wir von einem freundlich anmutenden Herrn erst einmal in die falsche Richtung geschickt. Der Inder an sich gibt naemlich sehr ungern zu, wenn er mal keine Ahnung hat, und sagt dann lieber einfach irgendwas...
Schliesslich landen wir auf dem Boot, das uns a la Vaporetto in Venedig fuer ein paar Rupien ueber den Hooghly River auf die andere Flussseite bringt. Dort steigen wir in ein Taxi um und duerfen zum 1. Mal in einem echten Ambassador, dem typischen Fahrzeug hier, fahren.
Das bringt uns ins die Sudder Street und damit ins Backpacker-Viertel, leider steigt sofort ein Hotelschlepper ein und schafft es auch, uns vor dem falschen Hotel abzusetzen, naemlich dem VIP Continental. Zum Glueck liegt das VIP Intercontinental, in dem wir reserviert haben, nur ein paar Haeuser weiter. Dort beziehen wir ein recht kleines, leicht schimmlig riechendes Zimmer, in das auch noch ein Extrabett gequetscht wird. Naja, immerhin gibt es einen Fernseher, und so zappen wir uns durch die Welt des indischen Films und waschen uns den Zugdreck ab.
Schliesslich finden wir ein ganz nettes Cafe und essen zu mittag, der Lassi ist sehr lecker. Nun gehts ans Besichtigungsprogramm, wir laufen entlang einer 3spurigen Strassen suedwaerts und biegen in den Maidan Park ab, der nun wirklich nicht besonders schoen ist. Die Inder lassen nichtsdesto trotz dort ausgiebigst Drachen steigen.
Ein paar Minuten spaeter stehen wir vor dem Victoria Memorial Building, gebaut zu Ehren der britischen Koenigin, fertiggestellt 1921 und optisch eine Mischung aus Taj Mahal und Kapitol in Washington, wie's im Fuehrer, so schoen steht. Recht beeindruckend ist es, vor allem indische Besucher draengeln sich auf den Stufen davor und in den Ausstellungsraeumen im Inneren. Es geht um die Geschichte der britischen Kolonialherrschaft in Kalkutta, um alte Fotografien der Stadt, dazwischen werden Waffen und Uniformen ausgestellt. Alles ganz huebsch, doch es hat draussen 34 Grad bei ca. 75 % Luftfeuchtigkeit, und wir sind ein wenig zermuerbt.
Durch den Park spazieren wir rueber zur St. Paul's Cathedral, von aussen auch ein Prachtexemplar britischer Baukunst, von innen aber doch unverkennbar im Kolonialstil gehalten.
Nun reicht es, und ein langer Fussmarsch fuehrt uns zurueck und in die Park Street, die Haupteinkaufsstrasse von Kalkutta. Es ist sowohl auf der Strasse als auch auf den Gehwegen und in den Laeden die Hoelle los, und wir fluechten schnell in eine wohlklimatisierte Konditorei mit Cafe. Es gibt leckere Schokotoertchen und viel Cappucchino, das sind die Annehmlichkeiten des Grossstadtlebens, und wir koennten hier stundenlang sitzen bleiben. Leider machen uns die uebereifrigen Kellner ein wenig das Leben schwer. Dauernd raeumen sie Sachen ab, sobald der Loeffel hingelegt wird, und fragen, ob wir zahlen moechten. Aus Trotz bestellt Nitschi 3 Cappucchinos hintereinander, und trinkt gaaanz langsam.
Endgueltig vertrieben, machen wir uns auf die Suche nach einem Touranbieter, wir wollen einen Ausflug ins Sundarban Naturreservat machen. Gleich beim ersten werden wir fuendig, er ist uns sympathisch, und so buchen wir kurzerhand einen 3-Tages-Trip, Start ist am naechsten Morgen um 8 Uhr.
Demzufolge haben wir noch ein paar Dinge zu erledigen, wir machen uns in den megavollen Strassen rund um den New Market auf die Suche - zuerst nach einem  Geldautomaten. Gar nicht so einfach, endlich finden wir so ein Ding, davor stehen min. 15 Leute an, es dauert also wieder einmal etwas laenger. Und am Automaten steht auch noch angeschrieben, dass er um 21 Uhr geschlossen wird, und die Uhr tickt, es ist kurz vor acht.
Im Kino nebenan sind die Ticketschalter leider geschlossen, sonst wuerden wir glatt Karten fuer den neuesten Bollywood-Blockbuster kaufen.
Stattdessen irren wir weiter durch die kaufwuetigen Menschenmassen und finden nach einer halben Stunde auch noch ein Internetcafe in einem dunklen Hinterhof. Ein paar Anlaeufe brauchen wir wegen der miesen Verbindung, aber dann ist es vollbracht, wir haben fuer Samstag vormittag Fluege nach Goa gebucht!!!
Noch ein wenig Mails checken, und dann kehren wir auf Ueberredung des Tuerstehers in der "Super Pub Bar" ein - und sind die einzigen weiblichen Gaeste. Egal, der Kellner ist sehr lustig, es gibt kaltes Bier, Knabberzeug und Veggieburger, schliesslich auch noch Gin mit Zitronenlimo mangels Tonic Water - der Kellner trinkt wohl jedes Mal heimlich einen mit, denn als wir zahlen, schwankt er ganz schoen.
Angetuedelt spazieren wir kurz nach 23 Uhr heim, denn in Kalkutta gibts noch die Sperrstunde, und so werden um elf die Buergersteige hochgeklappt - aber nur bildhaft gesprochen, denn auf den Gehwegen liegen reihenweise Menschen und schlafen dort in Decken eingewickelt.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen