23.6.15

Buddha über Buddha

Als um 6 Uhr eine Angestellte unsere Jurte betritt und den Ofen einheizt, ist Titus hellwach und lässt sich leider nicht mehr zum Schlafen überreden. Na gut, dann wird eben gespielt, Bilderbuch angeguckt, und endlich ist auch Frühstückszeit. Leider kommt aus der Dusche kein Wasser, so dass ich dringend Kaffee brauche, um halbwegs wach zu werden. Das Frühstück ist nicht ganz so üppig wie bisher, aber zum Glück haben wir immer noch einige Päckchen von Frühstücksbrei aus Russland, den mag Titus immer noch sehr gerne, danach passt aber noch ein Marmeladenbrot und ein Pancake in den Magen.

Eine Stunde später brechen wir mit unseren zwei Begleitern auf zum heutigen Tagesprogramm. Bevor wir den Klosterbesuch angehen, brauchen wir aber dringend Bargeld, und zum Glück gibt es in diesem winzigen Kaff sogar Geldautomaten. Der erste funktioniert allerdings schon mal nicht, egal, mit welcher Karte, wahrscheinlich ist er leer. Also auf zum nächsten, der ist auch "außer Betrieb", steht aber in einer Bank. Dort informiert man uns, dass dieser ebenfalls leer sei, aber gleich aufgefüllt werde. "Gleich" ist dann halt erst 10 Minuten später, während des Auffüllens geht die Angestellte auch nochmal weg und lässt die Geldkassetten solange einfach neben dem offnen Gerät stehen. Egal, das Abheben klappt, und so stehen wir um 10 Uhr endlich vor dem großen "Erdenezuu"-Kloster.
Dessen Außenmauer zieren 108 Stupas (Stupen? Stupi?), also jedenfalls buddhististische Heiligtümer. 


Innen ist von der ehemals riesigen Klosteranlage nicht mehr viel übrig, nachdem in den 1930er Jahren die meisten der 2000 lebenden Mönchen ermordet worden sind. Nun beherbergt die wiederaufgebaute Schule noch etwa 30 Mönche. Die sind aber genau heute auf einem Ausflug, so dass wir leider nicht an der Morgenzeremonie teilnehmen können. Egal, bei mir verursacht der Geruch der dabei brennenden Butterkerzen eh immer ein wenig Übelkeit.
Wir bekommen eine Führung durch die verschiedenen Tempel, das zieht sich ein wenig, da die Führerin kein Englisch spricht und Zee deshalb alles für uns übersetzen muss. Außerdem nehmen beide ihren Job sehr ernst, jedes Abbild einer Buddha-Reinkarnation wird uns akribisch erläutert, jede Statue und jede Ausschmückung erklärt. Zumindest Titus findet die Abbildungen von Pferden und Kühen sehr reizvoll und muht lautstark vor sich hin.

Leider ist hier sonst nicht allzu viel zu sehen. Dschingis Khan errichtete auf diesem Gelände im 13. Jahrhundert zwar seine Haupstadt, doch es sind bislang nur wenige Ruinen und Fundstücke geborgen worden, unter anderem von einem deutschen Archäologen-Team. Diese Ausgrabungsfunde besichtigen wir im 2011 neu errichteten Museum, das ebenso wie der Tempelkomplex praktisch menschenleer ist. 


Das Museum ist nicht allzu groß, immerhin gibt es ein Modell der ehemaligen Hauptstadt und von Dschingis Khans riesiger Palastjurte. Titus schläft währenddessen ungestört in der Manduca auf meinem Rücken.

Zum Mittagessen kehren wir ins Camp zurück und verbringen dort einen gemütlichen Nachmittag. Ein Ausflug zum nahe gelegenen Fluß, zu dem uns Zee rät, scheitert zwar daran, dass der Fluß im Moment kein Wasser führt. Aber so füllen wir kurzerhand wieder die Wasserschüssel und Titus badet neben unserer Jurte stundenlang, begeistert beäugt von den Angestellten und Gästen. Wir sitzen auf einer Bank daneben in der Sonne, trinken Kaffee, schreiben Postkarten und lesen. Es ist sehr heiß, aber der Dauerwind sorgt für angenehme Temperaturen.

Zum Abendessen bekommen Titus und ich statt des Gulaschs eine Portion Sojaschnetzel, das ist lecker und wird hier wohl "monk meat" genannt, da die buddhistischen Mönche ja auch kein Fleisch essen dürfen. Umso verwunderlicher, dass die vegetarische Küche hier so ein Schattendasein führt. Zum Nachtisch gibt es mongolischen Joghurt, davon verputzt Titus sehr zur Belustigung der Umsitzenden gleich seine und meine Portion, und wuselt danach fleißig durch's Restaurant.
Als der kleine Mann endlich schläft, gucken Norman und ich noch eine Folge "Sherlock" auf dem Laptop und trinken dazu ein Tiger-Bier. Zum Zähneputzten geht's danach wieder nach draußen, um 23 Uhr ist es immer noch hell und zum Glück nach wie vor sehr warm - die kältesten Nachte haben wir definitiv hinter uns!

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