27.6.15

Einreise in China - erste Eindrücke

Danke für Eure Rückmeldungen - offenbar funktioniert die Trickserei, indem ich meine Posts per Mail an den Blog schicke! Allerdings kann ich so keine Fotos mehr einfügen, da ich selber nicht mehr direkt auf Blogspot zugreifen kann, das ist schade. Falls jemandem dafür eine Lösung einfällt: immer her damit!
 
Nun kann ich ja zumindest mal erzählen, wie es uns in den ersten zwei Tagen in China ergangen ist:
Als wir im Zug aufwachen, ist es schon halb neun, durch die unruhige Nacht haben wir alle recht lange geschlafen. Routiniert bereiten wir das Frühstück zu: Müsli mit H-Milch für Titus, Instantkaffee und abgepackte Schokoteilchen für uns. Bei einem Blick auf den im Gang hängenden Fahrplan sind wir irritiert, irgendwas stimmt da mit den Ankunftszeiten nicht. Als wir den Schaffner befragen, teilt er uns gestikulierend mit, dass hier in China keine Sommerzeit ist und wir die Uhr deshalb wieder eine Stunde zurückstellen müssen - ah, das erklärt natürlich alles. Und schon sind wir "nur" noch 6 Stunden Zeitunterschied von Deutschland entfernt, da müssen wir schon etwas weniger "akklimatisieren", wenn wir wieder zuhause sind. 
 
Die Landschaft draußen unterscheidet sich enorm von der mongolischen Steppe. Nun sind direkt neben der Zugstrecke hohe, felsige Berge und dunkelgrüne Täler zu sehen, wir passieren viele Tunnels, und die ganze Strecke entlang gibt es eine ordentlich gemauerte Begrenzung neben den Gleisen. Leider liegt auch recht viel Müll herum, nach jeder kleinen Ortschaft passieren wir ganze Müllberge direkt neben der Zugtrasse...
Bald erreichen wir die ersten Vororte Pekings, gut eine Stunde lang fahren wir mitten durch dicht bebaute Wohngebiete mit den immer gleich aussehenden Hochhäusern, wir überqueren vielspurige Autobahnen und durchfahren ultramoderne Bahnhöfe, in denen Hochgeschwindigkeitszüge stehen.. Nun ja, irgendwo müssen die 1.3 Milliarden Chinesen ja auch wohnen, allein 15 Millionen davon leben in Peking.
 
Ehe wir es uns versehen, fährt unser Zug auf die Minute pünktlich in den Pekinger Hauptbahnhof ein, schnell schnappen wir uns unser Gepäck und steigen aus - die letzte Etappe mit der Transsibirischen/transmongolischen Eisenbahn ist geschafft. Bereits beim Durchqueren des Bahnhofs stellen wir fest, dass es hier ein wenig kinderwagenfreundlicher zugeht als in Moskau, immerhin gibt es hier Rampen. Draußen auf dem Vorplatz bleiben wir erst einmal wie erschlagen stehen: es ist heiß und feucht, und hier tummeln sich Tausende von Chinesen, es wuselt nur so - was für ein "Kulturschock" nach den menschenleeren Steppen in der Mongolei!

Norman verschwindet, um Geld zu holen und Wasser zu kaufen, ich bleibe bei Titus, der staunend im Kinderwagen sitzt. Schon bald bekommen wir Gesellschaft, immer mehr Chinesen scharen sich um ihn, bringen ihn zum Lachen und kriegen sich gar nicht mehr ein, hier ist man offenbar auch kinderbegeistert, das ist ja schon mal gut.
Als Norman wieder da ist, machen wir uns auf die Suche nach einem Taxi und müssen mal wieder mit den üblichen Schlitzohren kämpfen, die überhöhte Fahrpreise verlangen. Neben uns geht ein Fahrgast gleich mal mit seinem Schirm auf einen Taxifahrer los, so erleben wir hautnah mit, dass die Chinesen tatsächlich recht rauflustig sind, davon hatten wir schon gehört. Endlich können wir uns auf einen Fahrpreis einigen, und los geht es. Die Fahrt führt uns direkt am Tian'amen-Platz vorbei, so bekomme ich gleich einen ersten Eindruck von der enormen Größe dieser Sehenswürdigkeit, und den großen Strecken, die man hier zurücklegen muss.

Bald biegt unser Fahrer in ein sog. Hutong-Viertel ab, hier stehen traditionelle chinesische Häuschen, alles ist recht alt, verwinkelt und ohne ortskundige Hilfe nicht zu finden. Zum Glück weist ein älteres Ehepaar unserem Fahrer den Weg, und endlich stehen wir vor dem sehr liebevoll renovierten "Peking Garden Boutique Hotel", in dem wir die nächsten fünf Tage wohnen werden.
 
Das Hotel macht seinem Namen alle Ehre, in der Mitte des rechtwinkligen Wohnblocks ist nämlich ein herrlicher Garten zu finden, in dem es sogar einen kleinen Teich mit hungrigen Goldfischen gibt. Diese werden natürlich sofort von Titus entdeckt, und ab dann müssen wir in regelmäßigen Abständen mit ihm dort hinlaufen, um nach den Fischen zu sehen. Da unser Zimmer noch nicht bezugsfertig ist und uns eh der Mittagshunger plagt, spazieren wir auf Geheiß der Rezeptionistin ein paar Meter weiter, sie hat uns auf einen Zettel den Namen eines Restaurants aufgeschrieben. Nachdem wir lange brauchen, um die Schriftzeichen auf dem Zettel mit denen auf den Schildern außen zu vergleichen, werden wir fündig und kehren in ein typisch chinesisches (=furchtbar ungemütlich eingerichtet) Restaurant ein. Zum Glück gibt es eine Speisekarte mit englischer Übersetzung auch auch ein paar Fotos, wir bestellen also Nudeln mit Tofu, eingelegte Gurken und Gemüseküchlein. Titus ist mit unserer Auswahl einigermaßen zufrieden, noch mehr gefällt es ihm aber, mal wieder der Mittelpunkt zu sein, denn alle Essenden um uns herum haben nur noch Augen für ihn, und bald werden die ersten Handys gezückt und Fotos gemacht.
 
Endlich können wir unser Zimmer im Hotel beziehen  es ist zwar klein, aber es gibt die wohl schönste Dusche des ganzen Urlaubs, und wir sind selig, uns den Zugschmutz abwaschen zu können. Einigermaßen erfrischt, sortieren wir erst einmal unser Gepäck, geben einen Beutel Wäsche zur Reinigung ab und stellen eben fest, dass wir nicht auf so praktische Helferlein wie GoogleMaps zugreifen können. Nun gut, irgendwie schaffe ich es, über eine chinesische Suchmaschine ein vegetarisches Restaurant ausfindig zu machen, das gar nicht so weit entfernt zu sein scheint. Unsere Rezeptionistin, die leider nicht besonders gut Englisch spricht, hilft uns, die Adresse auf unserem Stadtplan einzuzeichnen.
 
So präpariert, machen wir uns auf den Weg für eine erste Stadterkundung, wir spazieren durch belebte Straßen, immer auf der Hut vor den ultraleisen Elektrorollern, die urplötzlich von hinten anrasen und die hier offenbar Narrenfreiheit genießen. Ein Geschäft reiht sich an das nächste, überall gibt es kleine Restaurants oder Essenstände, und es ist ungewohnt, auf einmal rein gar nichts mehr lesen zu können. Zum Glück steht immerhin unter den Straßenschildern immer auch eine Übersetzung, so finden wir uns wenigstens zurecht. Wir spazieren bis zum Beihai-Park, eine riesige Grünanlage um einen See herum. Dieser kostet zwar ein paar Yuan Eintritt, dafür ist es schön, am frühen Abend hier entlang zu schlendern. In den verschiedenen Pavillons, die am Ufer verteilt stehen, tanzt mal eine Gruppe Chinesen Rumba, in einem nächsten dann Tango, offenbar kann da einfach jeder mitmachen. Titus wird von jedem Entgegenkommenden freundlich angelächelt und bewundert. 
 
Als uns der Hunger plagt, peilen wir so langsam das gesuchte Restaurant an, nach längerem Fußmarsch biegen wir in ein vorhin beschriebenes Hutong-Viertel ab, und ab hier wird's chaotisch. Alle paar Meter halten wir Passanten die Wegbeschreibung, die uns die Rezeptionistin mitgegeben hat, unter die Nase. Dann wird diskutiert, und man schickt uns immer weiter geradeaus. Wir laufen und laufen, bis wir irgendwann am anderen Ende des Hutong-Viertels unverrichteter Dinge ankommen. Etwas ratlos stehen wir herum, als sich plötzlich wieder eine Menschentraube um Titus im Kinderwagen schart. Bald stehen mindestens 10 Erwachsene und mehrere Kinder um uns herum, die eine Hälfte beschäftigt sich mit Titus, die andere Hälfte berät mit Norman über den Stadtplan gebeugt, wo denn nun dieses Restaurant sein könnte. Man zückt die Handys, zum einen, um Fotos zu schießen, zum anderen, um im Restaurant anzurufen und die Adresse zu erfragen.

Endlich können wir dem Tumult, ausgerüstet mit neuen Wegbeschreibungen, entkommen - ich als große Chinaskeptikerin bin bislang sehr angetan von der Hilfsbereitschaft der Chinesen! Leider kommen wir auch mit den neu gezeichneten Routen nicht zurande, nach einem weiteren langen Fußmarsch geben wir auf - inzwischen ist es schon dunkel, es ist weit nach 20 Uhr und wir haben alle Hunger. Titus ist erstaunlich friedlich, aber nun reicht es. Also kehren wir kurzerhand ins nächstbeste Lokal ein, dieses ist ein Hot-Pot-Restaurant, das ist die chinesische Variante von Fondue.
Mit ein paar überforderten Kellner schaffen wir es, die Bestellung aufzugeben. Zuerst muss nämlich mal ausgewählt werden, wie die Brühe im Hot Pot beschaffen sein soll (in unserem Fall: not spicy!), dann gilt es, die Zutaten auszuwählen, die dann später darin gegart werden sollen. Wir bestellen Spinat, Bambussprossen, Kartoffeln, Tofu und Chinakohl. Zu guter Letzt suchen wir noch die Beilagen, Reis und Nudeln, aus, und bestellen die Getränke. Puh, das war anstrengend. Schnell steht der große, brodelnde Topf mit der Brühe auf dem Tisch, darin schwimmen diverse Gewürze (Ingwer, Kräuter etc.), und wir garen darin begeistert unsere Zutaten. Titus hält sich eher an den Reis, ein bisschen Spinat isst er auch, ebenso Kartoffeln. Als er satt ist, spaziert er an der Hand von den schon lauernden Kellnerinnen auf und ab, während wir fertigessen.
 
Wir sind alle fix und fertig und verschwitzt, aber nun immerhin satt, als wir uns auf den Heimweg machen, den wir mit der U-Bahn antreten. Schnell haben wir das System durchschaut, auch der Kauf der Fahrkarten klappt, und wir stehen in der herrlich klimatisierten, hochmodernen Metro. Titus unterhält alle Fahrgäste mit wilden Kletterspielen, er ist sichtlich aufgekratzt und übermüdet - wegen unserer stundenlangen Herumirrerei ist es schon bald halb elf. Zweimal müssen wir umsteigen, bis wir endlich in "Xisi", unserer Station in der Nähe des Hotels, ankommen. Zwar gibt es auch hier immerhin fast überall Rolltreppen, doch die Strecken, die beim Umsteigen bewältigt werden müssen, sind einfach irre lang. Dafür kommen die Züge auch alle 2-3 Minuten.
Um 23 Uhr können wir Titus also endlich ins Bett stecken, er ist sichtlich erledigt und schläft schnell in der Mitte unseres großen Kingsizebettes ein, und wir leisten ihm dabei Gesellschaft.

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