17.6.15

Mongolisches Idyll im Jurtencamp

Am letzten Tag unseres Yak-Treks, nach einer halbwegs erträglichen Nacht dank Wärmflasche, dicken Decken und vielen Schichten Klamotten, erwachen wir gegen 7 Uhr, als die Sonne unser Zelt bescheint und wir endlich keine kalten Nasen mehr haben. Titus krabbelt zu mir, wir liegen noch eine Weile im Bett, muht im Takt mit den Yaks draußen, und wir gucken den Käferchen zu, die außen an der Zeltwand entlang krabbeln.
Heute ist es tatsächlich bereits schon beim Frühstück so warm, dass wir ohne Jacke draußen sitzen können. Titus verspeist eine komplette Portion "Kash" (eine Art mongolischer Griesbrei mit Milch und Butter), ein Marmeladebrot, und verschwindet anschließend mal wieder mit den mongolischen Helfern. In den letzten Tagen haben diese so immer dafür gesorgt, dass Norman und ich in Ruhe essen können.
Diesmal geht es nach dem Frühstück daran, unser Gepäck zu verstauen und sämtliche Zelte sowie die Jurte abzubauen. Inzwischen ist der klapprige Bus angekommen, der die beiden Amerikaner, die Ausrüstung und einige der Helfer zurück nach Ulan Bator bringen soll. Titus wird während des ganzen Trubels von einer netten Mongolin umhergetragen, die ihn sogar auf das Motorrad eines der Yak-Treiber setzt (der darauf mächtig stolz ist und immer wieder kleine Runden damit dreht), und würdigt uns keines Blickes mehr...


Bald ist alles im Bus verstaut, der gemeinsame Abbau der Jurte geht inzwischen schon geübt vor sich, dann gibt es noch ein Abschiedsfoto (man ruft hier dabei natürlich "Dschingiiiiis"), und nachdem Titus noch von der Köchin und Guide Tamir, der sich als erstklassiger Babysitter entpuppt hat, ordentlich geknuddelt worden ist, fährt der Bus ab.
Wir "Übriggebliebenen", d.h. Norman, Titus und ich sowie die drei Yaktreiber und die Küchenhilfe Dulguun, verladen die Jurte und unser Gepäck auf den Yak-Karren, sitzen auf und lassen uns die paar Kilometer zu unserem nächsten Aufenthaltsort für die nächsten 3 Nächte bringen.

Nach einer guten halben Stunde, während der Titus mal wieder selig auf dem Karren sitzend eingeschlummert ist, erklimmen die Yaks langsam einen Hügel, und vor uns erscheint auf einer Art Plateau oberhalb des Tuul-Flusses gelegen das Jurtencamp "Jalman Meadows". Hier stehen mitten in der Grassteppe 12 mittelgroße Jurten mit 2-5 Betten, außerdem eine große Restaurant-Jurte mitsamt Küche, eine Bibliotheksjurte, zwei Dusch-Jurten (!), ein paar Unterkünfte für die Mitarbeiter - und sonst ist rundherum keine Menschenseele, so weit das Auge reicht. Es ist paradiesisch! 


Wir beziehen unsere Familienjurte, die wunderschön ausgestattet ist, mit einem Doppel- und zwei Einzelbetten, Waschtisch, Ofen, Holzboden, Liegestühlen, und freuen uns  jetzt schon auf deutlich komfortablere Nächte als im Zelt! 

Als wir nach einem wunderbaren Mittagessen mit einer Tasse Kaffee in der Hand am Nachmittag draußen sitzen, überlegt Norman fast ernsthaft, hier sesshaft zu werden und eine solche Jurte zu beziehen, so gut gefällt es ihm hier. Denn außer uns sind momentan nur noch zwei weitere Gäste in dieser Anlage, es gibt kein Handysignal oder Internet, Strom wird über Solarpaneels gewonnen, das Wasser aus dem nahen Fluss geholt. Das ganze Camp ist damit komplett mit Bio-Siegel zertifiziert, sonst hätte es wohl auch nicht mitten im Nationalpark errichtet werden dürfen.

Da es im Sonnenschein wirklich herrlich warm ist und wir alle dringend eine ausgiebige Wäsche nötig haben, füllen wir für Titus eine Schüssel mit Wasser und setzen den kleine Kerl zum Plantschen hinein, während wir abwechselnd den Komfort der Duschjurte genießen. Dort steht ein Ofen, der extra angeschürt wird und auf dem ein Topf kochendes Wasser bereit steht, außerdem mehrere Eimer mit kaltem Wasser. Einer der Eimer kann befüllt und mit einem Seil nach oben gezogen werden, damit kann man wirklich richtig "duschen", allerdings ist man beim Anziehen danach ebenso schnell wieder verschwitzt. Durch das Feuer wird es in der abgedichteten Jurte schnell fast so warm wie in der Sauna. Als auch Titus fertig ist, legen wir ihn ins große Bett, dort schlummert er fast zwei Stunden lang. Den restlichen Tag bleibt nichts weiter zu tun, als mit Titus lange Spaziergänge zu machen, und mitten in der mongolischen Steppe macht der kleine Kerl seine vier ersten freien Schritte!

Als der Gong uns zum Abendessen ruft, ist die Luft immer noch herrlich warm. Wir bekommen ein feines Menü, und Titus freut sich, dass seine Lieblingsmongolin Dulguun, die bereits beim Trek dabei war, auch hier als Bedienung arbeitet, und küsst sie ununterbrochen. Der kleine Mann ist sehr glücklich hier und schläft abends selig vor sich hinglucksend und Händchen haltend im gemütlichen Bett ein. Draußen hört man bis auf gelegentliches Muhen und Pferdegetrappel nur hin und wieder das Pfeifen von Murmeltieren und den Wind.
Kurz bevor auch wir einschlafen, gegen 23 Uhr, kommt eine nette Mitarbeiterin noch einmal in unsere Jurte geschlichen und entzündet den Ofen, damit wir nachts nicht frieren müssen. Allerdings ist es draußen wohl immer noch nicht wirklich abgekühlt, so dass wir schnell die Tür öffnen müssen, weil es viel zu heiß drinnen wird.
Danach schlafe ich so tief und fest wie schon seit einigen Nächten nicht mehr, und schaffe es nicht einmal, nachts aufzustehen und mir den sicherlich spektakulären Sternenhimmel anzuschauen. Ich kriege auch kaum mit, als sich um 6 Uhr morgens wieder die Tür der Jurte öffnet und eine Mitarbeiterin erneut ein Feuerchen entfacht, damit wir es zum Aufstehen schön warm haben. Titus schläft immer noch wie ein Murmeltier, während die Glut im Ofen in der Jurte ganz schön einheizt!

Gegen halb neun sitzen wir beim Frühstück, können immer noch nicht fassen, wie abgelegen es hier ist, und freuen uns, dass wir hier gelandet sind, obwohl uns der hohe Preis für diese Unterkunft zu Beginn abgeschreckt hatte.
Vormittags ist der Himmel noch ein wenig bewölkt, wir spazieren trotzdem eine halbe Stunde den Hügel abwärts und setzen uns ans Flussufer, wo Titus Stein um Stein ins Wasser wirft. Als er komplett nass ist und wir genug von den übergriffigen Ohrenkneifer, die es hier zu Tausenden gibt, haben, spazieren wir wieder zurück ins Camp und spielen ausgiebig, bis es Zeit zum Mittagessen ist. 

Zum Glück findet sich in den vier Gängen immer auch genügend für Titus, diesmal gibt es feinen Karottensalat mit ordentlich Knoblauch dran und danach eine Gemüsesuppe mit viel Brokkoli, das mag er sehr! Kurzerhand schnappt ihn sich danach Dulguun, die Bedienung, und schleppt ihn in die Küche, damit wir fertig essen können. Als er irgendwann zurückgebracht wird, hält er triumphierend einen Schokokeks in der Hand.

Nach dem Mittagsschläfchen, das Titus gerade neben mir hält, darf er wieder eine Runde in der Schüssel baden, die bereits draußen in der Sonne bereitsteht, das gefällt ihm sicher! Derweil trinken Norman und ich eine Tasse Kaffee und lesen, mehr haben wir für heute nicht mehr vor. Und morgen liegt noch einmal ein ganzer Tag hier vor uns!!!

1 Kommentar:

  1. Anonym19.6.15

    Gibt es einen wundervolleren Ort, um seine ersten freien Schritte zu machen? Das hast du dir toll ausgesucht, Titus. Liebe Grüße von Dajana und Christian

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