23.6.15

Tag 1 und 2 im Delger-Jurtencamp

Nun wohnen wir bereits in der dritten Jurte, das macht wirklich Spaß und wir überlegen bereits, uns auch irgendwann einmal so eine tolle portable Unterkunft anzuschaffen! Es ist Nachmittag, die Sonne brennt auf's Dach und meine Männer halten ein Schläfchen.

Dieses Camp, "Delger" genannt, haben wir gestern gegen 14 Uhr erreicht, es liegt mitten in den Bergen, direkt am Fuß einer Felswand und nur umgeben von sandiger Erde, ein paar Sträuchern und vielen, vielen Ziegenherden. 

Wieder haben wir eine schnuckelige Dreibett-Jurte für uns, außer uns ist nur noch ein indisches Ehepaar anwesend, außerdem die beiden Familien, die hier arbeiten, und die wunderbarerweise insgesamt vier Kinder zwischen 4 Monaten und 10 Jahren haben.

Bereits nach unserer Ankunft hat Titus dicke Freundschaft mit dem ältesten Mädchen geschlossen und den gesamten Nachmittag damit verbracht, mit ihr zu spielen. Sie ist sichtlich erfahren in der Kinderbetreuung, achtet liebevoll darauf, dass er sich nirgendwo anstößt und trägt ihn geduldig umher, und er himmelt sie dafür an und lacht sich kaputt, wenn sie ihn kitzelt. Der kleinste im Bunde wird meistens ohne Windel herumgetragen und lächelt ein zahnloses Lächeln.


Das Camp ist momentan noch nicht fertig aufgebaut, es stehen erst 5 Jurten, der Rest ist im Aufbau, es gibt auch noch keine Duschmöglichkeit, die Toiletten sind in einem Holzverschlag einen kleinen Fußmarsch entfernt. Bei meinem ersten Besuch dort wurde ich gleich attackiert, denn in der Verkleidung der Tür nistet offenbar eine Vogelfamilie, die mich verscheuchen wollte. Es ist absolut ruhig hier, außer ein bisschen Vogelgezwitscher, Fliegengesumm, Windböen und vereinzeltes Meckern der Ziegen ist absolut nicht zu hören. Es ist nicht ganz so komfortabel hier wie zB in Jalman Meadows, aber die Umgebung macht alles wett.
Das Wetter ist hochsommerlich, es ist heiß, in den Mittags- und frühen Nachmittagsstunden fast schon zu heiß, um draußen zu sein, da es kaum Schatten gibt. Also halten wir uns seit dem Mittagessen in unserer Jurte auf und warten auf ein wenig Abkühlung.


Der Abschied vom letzten Camp nahe des Dorfes Kharakhorum fiel zumindest Titus schwer, er wollte sich gar nicht von den lustigen Angestellten dort trennen. Jedes Mal, wenn ich ihn holen wollte, warf er sich wieder einem der jungen Männer in den Arm und klammerte sich an dessen Hals fest. Als wir dann endlich losfahren konnten, standen auf dem Parkplatz mindestens zehn Mongolen und winkten zum Abschied.
Diesmal bewahrheitete sich die Fahrtzeit-Prognose unseres Guides einigermaßen. Zwar gab es bereits zu Beginn ein paar Verzögerungen, da wir uns im Supermarkt noch mit ein paar Vorräten eindecken wollten und das aufgesuchte Lädchen noch geschlossen war. Aber kurz darauf bog die Besitzerin um die Ecke und wir konnten uns mit Wasser und Joghurt versorgen. Während des Wartens probierte ich spaßeshalber mal, ob Titus' Schühchen noch passten, und musste zu meinem Schrecken feststellen, dass diese bereits viel zu klein geworden waren. Armes Kind! Die nächstgrößeren Schuhe sind im Koffer in Ulan Bator, da ist jetzt für die nächsten Tage Barfußlaufen angesagt...
Los ging die Fahrt über die gewohnt abwechselnd super geteerte und dann wieder aus Schotter bestehtende Landstraße. Es staubte, Titus konnte im Kindersitz nicht schlafen, weil es viel zu holprig war, also nahm Norman ihn auf den Arm. Endlich, nach 2 Stunden Fahrt, erreichten wir das Zwischenziel, eine riesige Sanddüne, die sich über mehrere Kilometer erstreckt. Dort bog der Fahrer von der Straße ab und holperte auf Feldwegen und an Kamelherden und freilaufenden Pferden vorbei bis zu einem netten Plätzchen. Wir breiteten eine Decke aus und machten ein nettes Picknick; leider war der Wind so heftig, dass wir alle mehr oder weniger paniert wurden und es zwischen den Zähnen knirschte. Titus gefiel das Spielen im Sand so gut, dass er von Kopf bis Fuß und sogar in den Ohren sandbedeckt war.
Eine relativ kurze Wegstrecke stand uns noch bevor, wir holperten wieder über Sandpisten quer durch die Landschaft, bis wir endlich vor uns Felsen und einige Jurten ausmachen konnten. Bald bogen wir auf den Parkplatz des Delger-Camps ein und bezogen unsere neue Unterkunft für die nächsten drei Nächte. Als wir unsere Rucksäcke auspackten und uns einrichteten, stand urplötzlich eine Ziege mitten in der Jurte und besah sich neugierig unsere Klamotten.
Guide Zee ist offensichtlich gerne in diesem Camp, er liebt das Essen, das tatsächlich wirklich gut und vor allem üppig ist. Zum Abendessen gab es Salat, Suppe, Hauptgang und Nachspeise, alles auch nach Titus' Geschmack.

Heute morgen bestand Titus darauf, bereits um 7 Uhr hellwach zu sein und saß in die Hände klatschend neben mir. Bis wir fertig herumgetollt und gespielt hatten, war's dann fast schon Zeit für's Frühstück. Draußen schien die Sonne, und der Blick über die weite Landschaft und die Berge rundherum war fantastisch!
Beim Frühstück kümmerten sich diesmal unser Guide, unser Fahrer und auch die beiden indischen Touristen am Nebentisch so liebevoll um Titus, dass Norman und ich in Ruhe eine zweite Tasse Kaffee trinken konnten.
Gegen 10 Uhr setzten wir uns ins Auto und rumpelten 20 Minuten lang um das Felsmassiv herum, da sich auf dessen Rückseite eine kleine Klosteranlage befindet. Diese besichtigten wir ausgiebig, wieder gab es unzählige Buddhadarstellungen zu sehen, verschiedenen kleinere und größere Tempel, die aber zum Teil entlang des Berges stehen, so dass wir ein bisschen herumklettern mussten. Außer uns und einer älteren Frau, die anscheinend die Aufpasserin hier ist und die gleich Titus an den Füßchen abkitzelte, war keine Menschenseele zu sehen, von den fünf hier lebenden Mönchen erst recht nicht. Friedlich ist es, der Blick hinaus ins Tal ist einzigartig, auch hier ist schwer vorstellbar, dass vor nicht einmal 80 Jahren die gesamte Anlage zerstört und die Mönche getötet wurden...


Titus bekommt noch eine Banane verfüttert (eine "dadada", das ist außer "Papa" das einzige erkennbare Wort, das er bislang spricht), und zurück geht es ins Camp. Titus darf noch eine Runde mit den Kindern hier spielen, dann gibt es schon Mittagessen, und wir werden mit Kartoffelsalat, Suppe und Nudeln mit Gemüse verköstigt. Zwischen den Gängen krabbelt Titus zwischen den Tischen herum, wird von allen Anwesenden auf den Arm genommen, vor allem der Inder herzt ihn bei jeder Gelegenheit. Als er in die Küche verschwinden will, rennen ihm gleich drei Erwachsene hinter her, während Norman und ich am Tisch sitzen und essen. Es ist schön, dass sich hier auch andere Menschen verantwortlich für Titus fühlen, das entlastet sehr und wäre wohl bei uns nicht so ohne weiteres denkbar. Vor allem unser Fahrer kümmert sich sehr lieb um den Kleinen, er nutzt wohl auch die Gelegenheit, vom Esstisch zu verschwinden, denn er ist sehr wählerisch in der Auswahl seiner Speisen: er pickt sich stets alle Fleischstücke heraus und isst eventuell noch ein wenig Kartoffeln oder Nudeln, aber der Sinn von Gemüse scheint ihm völlig unklar zu sein...

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