24.6.15

Letzter Besuch in Ulan Bator

Nun sitze ich wieder im Hotel Bayangol in Ulan Bator, während von draußen der Lärm der unzähligen Baustellen und das Hupen der Autos zu hören ist. Zum dritten Mal sind wir nun in diesem Hotel, und unser Zimmer wurde erfreulicherweise jedesmal größer! Leider ist dies nun der letzte Aufenthalt in der Hauptstadt, morgen früh um 8 Uhr werden wir wieder den Zug besteigen und die 36-Stunden-Fahrt nach Peking antreten.

Die Reise zurück vom Delger-Jurtencamp war wie erwartet wieder recht strapaziös. Die letzte Nacht in der Jurte leider auch - denn gerade als wir uns zum Schlafen hingelegt hatten, zog schlechtes Wetter auf, und es stürmte und regnete die ganze Nacht lang. Norman und ich waren die meiste Zeit wach, da der Wind so an den Stoffplanen der Jurte rüttelte, nur Titus schlummerte ungestört bis um halb acht morgens vor sich hin. Zu diesem Zeitpunkt stürmte es zwar nicht mehr, aber der Himmel war immer noch grau und regnerisch, und es war richtig kühl draußen.
So frühstückten wir schnell, packten zusammen (nicht ohne wie immer genau unter den Betten und im Mülleimer nachzuprüfen, ob Titus eventuell irgendwelche Gepäckstücke versteckt hat) und verabschiedeten uns von den beiden Familien, die das Camp betreiben. Der Abschied war sehr herzlich, jeder wollte nochmal Titus auf dem Arm halten und ihn küssen, und wir winkten uns nach lange nach.

Die erste knappe Stunde rumpelten wir über Sandwege dahin, Titus wurde von dem Geschaukel recht schnell müde und verschlief die erste Hälfte der Fahrt auf meinem Arm. Bald erreichten wir dann die Landstraße, die ab diesem Abschnitt sogar recht ordentlich befahrbar war. Aus uns völlig schleiferhaften Gründen fuhr unser Fahrer ab hier stoisch maximal 60 km/h, so dass sich die 260 km bis Ulan Bator endlos in die Länge zogen. Auf unsere Frage, ob es hier eine Geschwindigkeitsbeschränkung gebe, hieß es, man dürfe außerorts in der Mongolei stets 80 km/h fahren, aber eine Erklärung für die Schleicherei gab es nicht. Draußen regnete es immer wieder, der Himmel war grau, so dass wir selbst bei der kurzen Mittagspause nicht aus dem Auto aussteigen wollten und unsere Lunchpakete lieber drinnen verspeisten.

Endlich, endlich, nach etwa 6 Stunden Fahrt, bogen wir in die Einfahrt zum Hotel ein. Norman, der ja sonst sehr entspannt ist, war fix und fertig wegen der seltsamen Fahrweise (je näher wir dem Ziel kamen, desto langsamer wurde das Auto...), und die letzte halbe Stunde durch den dichten Stadtverkehr Ulan Bators trug auch noch dazu bei, den Mongolen grundsätzlich katastrophale Fahrkenntnisse und Straßenverhältnisse zu unterstellen.
Es war also bereits 16 Uhr, als wir im Hotel eincheckten, unser Zimmer bezogen und uns einrichteten. Titus schnappte sich wieder sämtliche Fernbedienungen und führte damit wichtige Telefonate, er war wieder einmal der einzige, dem die lange anstrengende Fahrt offenbar nichts anhaben konnte. Als wir ein paar Minion-Videos anguckten, schrie er plötzlich lauthals "banana!!!!" - na toll, "Mama" klappt immer noch nicht.

Endlich konnten wir wieder den Kinderwagen benutzen, setzen Titus hinein und steuerten nach kurzem Supermarktabstecher das Restaurant "California" an. Das Essen hier war lecker, die Portionen allerdings riesig, so dass sich der kleine Kerl fleißig durch Gurkensalat, Tomatensuppe, Pommes und Gemüse futtern konnte. Anschließend wollte er unbedingt mehrere Runden durch's Lokal spazieren, dabei hielt er an jedem einzelnen Tisch an und ließ sich von den begeisterten Mongolen bewundern und bespaßen und vom Kellner herumführen. Das wird eine große Umstellung für ihn, wenn wir wieder zuhause sind, fürchte ich.

Unsere erste Nacht im Hotel war wieder einmal sehr unruhig, es war viel zu warm, so dass wir dauernd die Klimaanlage ein- und wieder ausschalten mussten, dazu wollte Titus unbedingt wieder mittig in unserem Bett schlafen. In der Jurte waren die Nächte deutlich erholsamer!
Nach dem Frühstück stiegen wir ins Taxi und ließen uns zum sog. "Winterpalast" Bogd Khan fahren, der inmitten einer vielbefahreren Kreuzung im Schatten von gigantischen Hochhäusern steht und seit kurzem restauriert wird.

Hier spazierten wir als einzige Besucher durch die verschiedenen Tempel, die eindeutig chinesisch geprägt waren, bestaunten viele, viele Buddha-Darstellungen, und besichtigten danach im eigentlich Palast des letzten mongolischen Königs die Gemächer, in denen er zu Beginn des 20. Jahrhunderts gelebt hatte, seine Bekleidung und seine Sammlung ausgestopfter Tiere. Am beeindruckendsten war wohl die Jurte, die aus den Fellen von 150 Leoparden genäht war, und die der König zum 25. Geburtstag geschenkt bekommen hatte. Titus hüpfte die ganze Zeit vergnügt auf meinem Rücken umher.
Nachdem wir mit dem Taxifahrer, der uns zurück zum Hotel chauffiert hatte, noch kleinere Streitigkeiten wegen des Fahrpreises ausgefochten hatten, ging es wieder einmal auf einen Spielplatz, die gibt es hier nämlich tatsächlich an jeder Ecke, das ist wirklich toll hier!


Zum Mittagessen kehrten wir uns nahe gelegenene "Grand Khan Irish Pub" ein (die Mongolen sind große Fans von Pubs und Bier!), wo wir Titus mit den Resten vom gestrigen Abendessen fütterten (ja, schon wieder Pommes und Gemüse) und er dann komatös im Kinderwagen schlief, während Norman und ich in Ruhe einen Milchshake tranken, lasen und im Internet herumstöberten.
Wir hatten noch überlegt, ob es wohl noch etwas zu besichtigen gibt in Ulan Bator, aber da uns das Nationalmuseum und die verschiedenen Kunstgalerien nicht soooo sehr interessieren und wir alle sonstigen Sehenswürdigkeiten bereits besichtigt haben, ist es wohl gut, dass wir morgen früh abreisen...

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