22.8.12

Die Ruhe vor dem Sturm (20.08.2012)

Geweckt werde ich vom Wind, der ab dem fruehen Morgen ueber Stunden wie wild ueber die Zelte peitscht. Wenigstens ist es trocken. Als ich gegen halb sieben aufs Klo gehe, stelle ich fest, dass der Wind alle Wolken weggepustet hat und man sowohl einen tollen Blick ins Tal als auch den frisch verschneiten Gipfel hat, an dessen Spitze sich gerade die ersten Sonnenstrahlen zeigen. Ich kuschle mich nochmal fuer ein Stuendchen in den Schlafsack, bevors ans Waschen, Packen und Fruehstuecken geht. Der Wind blaest unvermindert stark.
Kurz nach 9 Uhr brechen wir auf und wandern gut 2 Stunden lang ueber karge Lavasteinwuesten stetig aufwaerts. Die Sonne scheint, doch wegen des Windes sind wir gut eingepackt it Muetze, Handschuhen und ein paar Kleidungsschichten uebereinander. Es sind nur wenige Leute unterwegs, so dass wir die meiste Zeit tatsaechlich alleine sind. Das ist auch gut so, denn braucht man mal eine Klopause, ist das anvisierte Oertchen von allen Seiten gut einsehbar.
Gegen halb zwoelf erreichen wir nach einem letzten, sehr langsamen Anstieg das Basislager auf 4.600 m. Hier verteilen sich die bunten Zelte in einem steilen, felsigen Hang, und die ersten Gipfelstuerme des Tages sitzen bereits gluecklich mit einer Teetasse in der Hand davor. Wir steigen bis zur Registrierungsstelle oberhalb des Camps auf, tragen uns wie immer ins Buch ein und haben einen guten Blick auf den ersten zu bewaeltigenden Hang, auf dem gerade noch so einige nach getaner Besteigung herunterklettern.
Weges des Sturms wurde unser Zelt heute genau in eine Ecke zwischen mehrere Felsen gebaut, so ist es einigermassen auszuhalten dort, zumindest, wenn man sich schnell in den Schlafsack kuschelt. Warmes Wasser gibts heute keines.
Um 13 Uhr werden wir zum Mittagessen gerufen und dort besprechen wir den Ablauf des Gipfeltags. Wieder einmal muessen wir ueber den Startzeitpunkt knallhart verhandeln, Diglan moechte um Mitternacht aufbrechen, er veranschlagt fuer die 1.300 Hoehenmeter sieben Stunden. Wir handeln ihn auf eine Stunde spaeter herunter, denn wir kennen ja unser Tempo und haben keine Lust, weit vor Sonnenaufgang bereits oben am Gipfel zu sein, wo es -20 Grad hat, und dort ewig zu warten.
Nun gut, der Koch schlaegt sich auf unsere Seite und verspricht, uns vor dem Abmarsch noch mit heissem Porridge und Kaffee zu staerken.
Nach dem Lunch spazieren wir noch ein bisschen durch das Camp und verdoesen, lesen und vertroedeln den restlichen Nachmittag im Zelt. Um halb sechs werden wir bereits zum Abendessen bestellt, es gibt Spaghetti, und Lazaro freut sich ungemein ueber unsere Begeisterung.
In der Eiseskaelte putzen wir noch schnell die Zaehne und schluepfen mitsamt einer Flasche heissem Wasser und saemtlichen Klamotten ins Bett.
Das wird eine kurze Nacht, ich schlafe wenigstens so vielleicht 2 Stunden, Norman gar nicht. Es stuermt wie wild, der Wind ruettelt am Zelt.
Das sind vielleicht Flitterwochen - wir haben beide seit 6 Tagen nicht mehr geduscht, sind staubig von Kopf bis Fuss, die Haare sind eine Katastrophe, alles tut weh, wir unterhalten uns ueber die Vorzuege dieser und jener Klos auf dem Campingplatz und brauchen abends eine Ewigkeit, bis jeder mit seinem ganzen Geraffel im kleinen Zelt in seinem eigenen Schlafsack liegt. Eine ganz spezielle Form von Romantik...

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