14.8.12

Lost & Found

Ich brauche für alles immer einen Plan B oder im besten Fall sogar gleich einen Plan C dazu. "Probleme vorab visualisieren", sich den "worst case" ausdenken, eine Lösung in petto haben, und schon kann gar nix mehr schiefgehen. Soweit meine Theorie. In Sachen "knappe Umsteigezeit in Nairobi" habe Inc visualisiert wie wild, und dennoch macht es keinen Spaß, ohne Gepäck in Dar-es-salaam zu stehen.
Aber der Reihe nach: um 4 Uhr reißt uns der Wecker in Mauritius aus dem Schlaf, draußen ist es stockfinster, mir die Rasensprenkler sind zu hören. Flugs ist fertig gepackt, der Gepäckabholservice kommt pünktlich, am Haupteingang steht unser Frühstück zum Mitnehmen sowie unser bestelltes Taxi bereit, und los geht die einstündige Fahrt ans andere Inselende zum Flughafen. Langsam geht währenddessen die Sonnen über den dunklen, gezackten Berggipfeln auf, über den Palmen färbt sich der Himmel rosa. Kurz nach 6 Uhr sind wir da, soweit läuft alles nach Plan. Das Gepäck kann trotz zwei verschiedener Fluglinien durchgecheckt werden, und so heben wir pünktlich in einer fast menschenleeren Maschine nach Nairobi ab. 
Da jeder von uns quasi vier Plätze für sich allein hat, schlafen wir selig die meisten Zeit des vierstündigen Fluges. Erst als der Flugkapitän per Lautsprecher darauf hinweist, dass wir gerade am Kilimandscharo vorbeifliegen, eilen wir zu den Fenstern. Tatsächlich, da erhebt er sich aus der roten, recht flachen Landschaft, mit ein klein wenig Schnee obendrauf und ein paar Wölkchen drumherum. Sehr pittoresk, und zumindest von hier oben gar nicht so hoch...
In Nairobi eilen wir los und schaffen es genau zum Boarding zum nächsten Gate. Insgesamt eine Stunde zwischen Landung und Weiterflug, das müsste doch zeitlich auch für unser Gepäck reichen?! Wir sind optimistisch.
Um 14 Uhr landen wir in Dar-es-salaam. Zum Glück haben wir das Visum für Tansania bereits vorab besorgt, denn so mancher saß wohl bis zu 2 Stunden im Einreisebüro hier fest. Auch das läuft also - doch als wir kurz darauf am Gepäckband stehen, wird mit den immer spärlicher werdenden Koffern darauf klar: unsere Rucksäcke haben's wohl doch nicht geschafft.
Leider wirkt der Lost-Baggage- Schalter nur so semi-vertrauenerweckend, aber man macht uns Hoffnung, dass die Sachen bestimmt "bald" auftauchen. So, wie es in diesem Flughafen aussieht, wo überall scheinbar herrenloses Gepäck herumsteht, bin ich mir da nicht so sicher.
Draußen wartet geduldig unser Hostel-Abholservice, der sich mit uns stoisch in den chaotischen Verkehr begibt, um uns in mehr als einer Stunde zum Friendly Gecko Guesthouse zu bringen. Es ist heiß, staubig, laut, aber: wir sind in Afrika, hurra!
Leider hält sich Normans Begeisterung in Grenzen, er hat sich den Magen verdorben und ist heute praktisch nicht ansprechbar. 
Unser Hostel liegt nördlich der Stadt in einem Vorort und gehört zu einem Hilfsprojekt, das ein Waisenhaus hier betreibt. Die meisten der Gäste sind daher Freiwillige, die für zumeist vier Wochen dort arbeiten. Bei denen ist das Entsetzen groß, als ich von unserer Gepäckmisere berichte - da habe man schon seeehr schlechte Erfahrungen gemacht, Afrika eben, da dauert alles dreimal so lange. Hmm, so langsam werde ich nervös, denn bis unsere Sachen nicht da sind, hängen wie hier fest, denn ohne Bergschuhe keine Kili-Besteigung. Und Norman sieht auch nicht nach Bergsteiger aus momentan.
Den Rest des Tages verbringe ich mit Krankenpflege und zur Sorgenbekämpfung einem ersten gekühlten Bier der Marke "Kilimanjaro". Wenigstens etwas.
Nach dem Abendessen in großer Ründe starte ich den ersten Telefonterror am Flughafen, leider nicht von Erfolg gekrönt. Zwar käme gleich wieder ein Flugzeug aus Nairobi, aber man glaube eher nicht, dass unsere Sachen an Bord sind. Wir sollten abwarten.
Zwei Stunden und ein paar Telefonate und die Bitte, doch noch mal genauer nachschauen später die Nachricht: unser Gepäck ist da und wird "sogleich" mit einem Fahrer zu und geschickt. Ich fasse es nicht.
Das "sogleich" dauert dann doch noch gut zwei Stunden, sodass ich bis Mitternacht im Hof sitze, gemeinsam mit dem nur Swahili-sprechenden Nachtwächter und den drei Hofhunden, denn nun will ich unsere Sachen gerne persönlich entgegennehmen.
Und endlich falle ich danach ins Bett, neben einem etwas lebendiger aussehenden Norman.

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