22.8.12

Kraxelei (19.08.2012)

Ich schlafe heute nacht zum ersten Mal wie ein Stein und praktisch durch bis halb sieben. Nur die Hueftknochen tun in der dritten Nacht auf dem harten Boden, nur mit duenner Isomatte dazwischen, richtig weh, so dass ich mir einen Pulli als Unterlage mit in den Schlafsack nehme.
Heute duerfen wir ein bisschen laenger schlafen, das ist fein, denn hier im Tal kommt eh keine Sonne rein, und draussen ist's frisch. Katzenwaesche um halb acht, packen und fruehstuecken, dazu bekommen wir flaschenweise abgekochtes Wasser, in das ich aber lieber noch Iodin-Tabletten werfe, sicher ist sicher.
Die heutige Etappe fuehrt uns zunaechst die Baranco-Wall hoch, eine 300 m hohe Felswand direkt gegenueber, die man ein wenig erkraxeln muss. Also reihen wir uns um kurz nach neun in die Schlange der Traeger ein. An einige Schluesselstellen, an denen ich froh bin, "nur" einen 5 kg-Rucksack dabei zu haben und meine beiden Haende benuetzen zu koennen, kommt es zu laengeren Wartezeiten, bis die Traeger mit ihren riesigen Lasten durch sind. Die Jungs beeindrucken mich gerade an dieser Wand heute ungemein. Weniger beeindruckend finde ich bestimmte Reisegruppen - warum zum Henker muessen z. B. Amerikaner immer so laut sein, wenn sie im Rudel auftreten, kreischen und herumjohlen, und auf jeden Fall jedem Gruppenmitglied lauthals zurufen, das mehr als 5 m entfernt steht? Auch interessant sind die (unerfahrenen?) Bergsteiger, die sich krampfhaft an ihren Trekkingstoecken festhalten, obwohl man die an einer steilen Felswand, in der man ein wenig klettern muss, nun gar nicht gebrauchen kann... Nun ja, zum Glueck lassen wir solche Zeitgenossen immer moeglichst schnell hinter uns und erreichen gegen 10:30 Uhr das Ende der Baranco-Wall auf 4.200 m. Leider ist es heute durchgaengig bewoelkt, so dass weder von der Umgebung noch vom Gipfel irgendwas zu sehen ist.
Die Landschaft hat sich wieder veraendert, sehr karg ist es, durchsetzt von grauem Lavagestein und ein wenig Gestruepp. Fuer die naechsten 2 Stunden geht es abwechselnd auf und ab, wobei man bei den Aufstiegen jedes Mal ganz schoen schnaufen muss.
Wir sehen den Zeltplatz vor uns auf gleicher Hoehe, leider genau auf der anderen Seite eines Tals. Also nochmal hinunter, vorbei an flechtenbewachsenen Steinen und Hoehlen, dann ueberqueren wir einen kleinen Bach, der die letzte Trinkwasserversorgung fuer die naechsten beiden Tage darstellt. Beim Aufstieg auf der anderen Seite reihen wir uns daher in den Strom der Traeger ein, die volle Wasserkanister ins Lager bringen.
Im Karanga-Camp auf 3.930 m, das wir um 12:30 Uhr erreichen, geht es recht beschaulich zu. Hier trennen sich naemlich die verschiedenen Aufstiegsgruppen. Wir mit der 7taegigen Tour bleiben hier ueber Nacht, wahrend die 6taegigen Besteiger nach dem Mittagessen weiter ins Basecamp aufsteigen. Die Toiletten hier sind eine mittlere Katastrophe, die meisten Haeuschen haben noch nicht einmal eine Tuer, sondern sind einfach ein Bretterverschlag mit einem winzigen (!) Loch im Boden, und sind sehr spaerlich verteilt. Bei dieser Hoehe reicht ein Aufstieg von 20 m schon aus, um einen ausser Atem kommen zu lassen.
Gegen halb zwei bekommen wir Mittagessen, Lazaro hat voll aufgekocht mit Suppe, Sandwiches und Ananas. Anschliessend gibts die uebliche Katzenwaesche, halbwegs frische Klamotten, und dann verdruecken wir uns ins Zelt und v.a. in die Schlafsaecke. Draussen haben die Wolken sich behauptet, und es beginnt zu nieseln. So verbringen wir die Zeit bis zum Nachmittagstee gemuetlich doesend und lesend. Im Freien ist es so ungemuetlich, dass wir nach dem Tee nur einen kleinen Spaziergang ueber den Platz wagen, bevor wir wieder in die Schlafsaecke kriechen - diesmal ausgeruestet mit unseren Wasserflaschen, die mit frisch abgekochtem Wasser gefuellt sind und ganz formidable Waermflaschen abgeben. Das gibt herrlich warme Fuesse!
Ganz unwillig verlassen wir deshalb um halb sieben unseren Schlafplatz, um wieder ins Essenszelt zu gehen. Es nieselt immer noch in regelmaessigen Abstaenden, im Kochzelt ist es aber dank des staendig laufenden Gaskochers ganz angenehm warm. Ein bisschen tun uns wieder mal die Traeger leid, die allesamt dort auf dem Boden bzw. duennen Isomatten naechtigen und sicherlich nicht so gute Schlafsaecke und Funktionsklamotten haben wie wir, und die stets, waehrend wir essen, dick in Muetze und Decken eingemummelt auf ihren Lagern sitzen.
Nach dem Abendessen trinken wir noch zwei Taesschen Tee zusammen und gehen dann unwillig raus, um in der Kaelte Zahnpflege zu betreiben. Die Klosuche gestaltet sich im Stockfinstern als ein wenig schwierig, die Stirnlampen haben ja keine allzu grosse Reichweite, und heute sind wegen der Wolken auch keine Sterne zu sehen.
Schnell ab in den Schlafsack, saemtliche Klamotten fuer den naechsten Tag werden mit reingestopft, das macht zusaetzlich warm und so sind die Sachen schon vorgewaermt fuers Anziehen, und die Wasserflaschen geben immer noch ein bisschen Waerme ab. Das reicht schon fuers pure Glueck!
Die ganze Nacht ueber regnet es, ich denke an die, die ab Mitternacht auf den Gipfel gehen, und hoffe auf besseres Wetter fuer uns.  

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