23.8.11

Ganz weit oben! (14.08.2011)

Eine durchwachte Nacht - der Dauerregen, der aufs Wellblechdach prasselt, macht ein wenig Angst vor der Wanderung, die eine der laengsten auf der ganzen Annapurna-Runde werden wird (1.000 Hoehenmeter rauf, 1.600 m wieder runter) am naechsten Morgen. Um 20 vor 4 ist Aufstehzeit, wir packen die klammen Reste ein, fruehstuecken Porridge (= heiss) und dann verpacken wir uns und die Rucksaecke moeglichst regendicht mit Gamaschen, Regenjacken, Regenhuellen fuer die Rucksaecke, Muetze, Handschuhe... Als wir gegen halb sechs loslaufen, ist es allerhoechstens daemmrig draussen, und es regnet noch immer.
Nun gehts steil bergauf, eine knappe Stunde im Zickzack ueber rutschige Steine. Ausser uns sind noch die Spanier unterwegs mit den dazugehoerigen Sherpas. Immer wieder muessen wir anhalten, um zu trinken, der Schrittrhythmus ist langsam, aber konstant. Gegen 6:15 Uhr erreichen wir das sog. High Camp auf 4.900 m. Dort schlaeft noch alles, es gibt also keinen Tee fuer die nassen Wanderer.
Eine 10minuetige Pause goennen wir uns dort, dann gehts weiter Richtung Pass. Auf 5.000 m geht der Regen in Schnee ueber, kein Gruen ist mehr zu sehen, nur noch Felsen und Steine, die immer mehr vom Schnee bedeckt werden.
Wir stapfen stoisch und stumm bergauf, auf meiner heutigen Ohrwurm-Playliste stehen Regen- und Beatlessongs, die Zeit vergeht damit richtig flugs. Wir legen weiter fleissig Trink- und Traubenzuckerpausen ein, doch es ist eh so kalt, dass man kaum schwitzt. Weiter oben spitzelt nun immer wieder ein klitzekleinwenig die Sonne durch die Schneewolken, wir muessen sogar die Sonnenbrillen aufsetzen, da der Schnee blendet.
Ausser den Felsen unmittelbar neben uns ist nix zu sehen. Endlich zeigen sich ein paar Gebetsfahnen, laut Fuehrer ists von dort aus nicht mehr weit. Und tatsaechlich, um 8:30 Uhr erreichen wir den Thorong La, den hoechsten Pass der Welt auf 5.419 m gemeinsam mit unseren "Mitwanderern". Die Freude ist gross, es wird abgeklatscht, umarmt, gratuliert.
Schnell muessen wir uns waermer anziehen, es ist eisig kalt, der Wind pfeift, aber Zeit fuer diverse Einzel-, Paar- und Gruppenfotos vor dem auf dem Pass angebrachten Schild muss natuerlich sein. Der Himmel lichtet sich derweil merklich, nun sind auch ein wenig die Berge zu sehen, die sich auf gut 6-7.000 m neben uns erheben.
Aber die Kaelte treibt uns schnell wieder fort, wir beginnen mit dem Abstieg, es wird nach den ersten hundert Meter merklich waermer. Diese Seite des Passes ist offenbar deutlich trockener, hier liegt weder Schnee noch zeigt sich Gewaechs. Auf dem Weg abwaerts treffen wir nun immer wieder auf Nepalesen zu Fuss oder zu Pferd, die uns entgegen kommen und wohl auch ueber den Pass gehen, aber wahrscheinlich nicht zum Vergnuegen...
Es ist felsig, fast mondlandschaftartig, und ein paar Mal sind durch die Wolken noch ein paar hohe Gipfel zu erspaehen. Es schneit laengst nicht mehr, nieselt aber dafuer permanent. Lhakpa ist auch stolz, dass wir den Aufstieg geschafft haben, und trabt mit uns nun stundenlang, der Abstieg zieht sich, immerhin sind gut 1.600 Hoehenmeter zu bewaeltigen.
Die Pferdekarawanen, die uns entgegensteigen, machen den Weg streckenweise zu einer Matschpiste. Gegen 11 Uhr erreichen wir die erste "menschliche" Behausung auf 4.200 m, es gibt dort heissen Tee, und wir gehen die letzte Etappe an, die uns nach einer weiteren Stunde nach Muktinath (3.800 m) bringt.
Eben noch wandern wir uebar steinige Wege, links und rechts weiden Kuehe, vor uns oeffnet sich im Sonnenschein die wunderschoene und deutlich kargere Landschaft Mustangs, und schon hat uns die "Zivilisation" wieder. In Muktinath gibts Mopeds, Shops mit lauter Musik, einen Polizeiposten, der mal wieder unsere Trekking-Erlaubnis stempelt, Huehner, herumlungernde Menschen...
Wir sind ein wenig sprachlos, ausserdem hungrig, und auch recht erledigt, obwohl es erst kurz nach 12 Uhr ist. Wir beziehen ein Zimmer im Shree Muktinath Hotel, essen Reis und Gemuese zu Mittag, freuen uns ueber die (kochend-)heisse Dusche und kriechen erstmal in den Schlafsack. Draussen regnets wieder, aber dennoch raffen wir uns gegen 16 Uhr auf und besichtigen die grosse Tempel-/Klosteranlage oberhalb des Orts. Der Anstieg ist muehsam, obwohls vielleicht nur 100 m sind...
Die Anlage ist sehr schoen, ruhig, voller verschlungener Pfade, kleiner und grosser Tempel, aber wir sind nicht wirklich aufnahmefaehig. Viel mehr faszinieren uns die Berge Mustangs, die man rundum sieht. Herrlich!
Zurueck im Hotel mache ich ein bisserl Yoga, der Ruecken schmerzt nach 11 Tagen Rucksacktragen ein wenig. Dann gehen wir zum Abendessen "aus", naemlich ins Restaurant gegenueber und treffen dort unsere Trekkingbekannten aus Spanien wieder, mit denen wir einen gemuetlichen Abend verbringen. Das Essen ist sehr fein (Veggie-Burger, zur Belohnung teilen wir uns heute sogar ein Bier), auf der Karte wird ausserdem ein "Waldoof-Salat" (sic!) empfohlen.
In unserem Hotel feiert eine franzoesische Trekkinggruppe lautstark einen Geburtstag, wir sind aber so erledigt, dass wir sofort ins Bett gehen und tief und fest schlafen, ohne uns von Gesang, Hundegebell oder Kuhgemuhe stoeren zu lassen.

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