11.9.12

In the jungle (08.09.2012)

Allesamt schlafen wir unfassbar tief und fest, ein einziges Mal wache ich nachts auf, es ist dermassen finster und ruhig, und die ungewohnt saubere Waldluft tut wohl ihr Uebriges. So stehen wir alle ueberpuenktlich und ausgeschlafen um 7 Uhr zum Waldspaziergang bereit, die Voegel schreien schon ordentlich laut, und Moses, unser etwas seltsamer und definitiv schwulder Guide gibt das Zeichen zum Aufbruch.
Kakamega Forest ist ein richtiger Regenwald, mit undurchdringlichem Gruen, Baumriesen, Lianen, verschiedenen Affenarten, die in schwindelerregender Hoehe akrobatisch von Wipfel zu Wipfel springen oder an Lianen umherschwingen, gigantischen Wuergefeigen... Moses bringt es tatsaechlich fertig, viele der Vogelarten so taeuschend echt zu imitieren, dass diese antworten! V.a. eine Rotkehlchenart, die alles nachpfeift, was man ihr vormacht, ist faszinierend! Natuerlich gibt es viele komische Momente, wenn z.B. Titus unaufhoerlich versucht, ebenfalls Vogelrufe zu imitieren, oder Moses uns die Pflanzen namens "Touch me not" und "Forget me not" zeigt. Er kennt zur gesamten Flora und Fauna saemtliche Bezeichnungen und die heilende Wirkung jeder der Pflanzen, da er selbst zum Stamm der Luhya gehoert, die von jeher im und um den Regenwald leben.
Immer tiefer wandern wir ueber glitschige Wege ins gruene Dickicht, riesige Yuccapflanzen saeumen den Weg, Bambus spriesst, und viele "beautiful birds" (O-Ton Moses) schwirren umher. Nachdem der bei diesem Thema recht hysterisch gewordene Titus eine lange Fachsimpelei mit Moses zum Thema "toedliche Schlangenarten und Behandlungsmoeglichkeiten bei Bissen" gefuehrt hat, kommen wir nach gut 3 Stunden zurueck zu unserer Unterkunft. Vorher muss natuerlich noch schnell im Buero des Nationalparks die uebliche Gebuehr bezahelt werden, der baertige, turbantragende Alte am Schreibtisch verbluefft mit der wohl seltsamsten Unterschrift, die je gesehen wurde, und haelt Nitschi und mich fuer Zwillinge, da er keinerlei Unterschied feststellen kann.
Endlich kriegen wir Fruehstueck, Nitschi kann schon taeuschend echt das Knurren meines Magens imitieren. Nach erneuten Preisverhandlungen mit Solomon haben wir genug und verabschieden uns von den etwas seltsamen Herren dort und machen uns mit Moses auf zu Spaziergang Nummer 2. Diesmal geht es hinauf auf den Lirhanda Hill, der uns einen Ausblick von oben auf den gesamten Wald verschaffen soll. Beim Aufstieg sind wir alle leider etwas albern, Moses bezeichnet sich selbst als "beautiful flower", nachdem ihn eine Biene recht hartnaeckig umschwirrt, und Titus singt allen Ernstes "Mr. Lover Lover", als wir ueber Lava(!)-Gestein laufen. So kriegen wir vor Lachen kaum noch Luft, das ist beim Hinaufsteigen nicht besonders hilfreich.
Als kleine Pause und zur Beruhigung besichtigen wir auf halber Strecke einen in den Berg geschlagenen Stollen ehemals glueckloser Goldsucher. Drinnen ist es stockfinster und eng, und natuerlich wohnen viele kleine und grosse pelzige Fledermaeuse, hoffentlich ohne Ebola-Virus.
Als wi oben am Huegel stehen, sind wir sehr verschwitzt, es ist extrem schwuel heute, doch der Rundumblick lohnt sich, tiefgruener Wald dehnt sich ringsum ueber sanften Huegeln aus. Zurueck beim Auto verabschieden wir uns von unserem leicht verrueckten Guide mit seinen loechrigen Gummistiefeln und fahren ins etwa 50 km entfernte Eldoret. Dort steht wieder einmal Supermarktshopping an, zur Belohnung gibts fuer alle ein Eis, einen echten "to go" Cappuccino, Bankomat, Tankstelle, was man halt in der Zivilisation so macht.
Nach wie vor ist es toll, dass die Kenianer uns weder belaestigen noch wie ein unbekanntes Wesen betrachten, der Umgang ist freundlich, locker und unaufdringlich, egal, ob mit Maennern oder Frauen.
Unsere Weiterfahrt fuehrt uns am spaeten Nachmittag hinein ins weitab von jeglichen Touristenrouten gelegene Kerio Valley. Dem Lonely Planet-Reisefuehrer ist diese wunderschoene Gegend nicht einmal einen Eintrag wert. Der Weg dorthin ist aber auch muehsam und fuehrt ueber eine steinige, abschuessige Piste, auf der Titus teilweise nur Schritttempo fahren kann, 24 km hinunter ins Tal. Wir passieren, Maiskolben, Karotten und Nuesschen mampfend, zahllose Kinder, die riesige Feuerholzstapel auf ihren Koepfen transportieren, Ziegen hueten, die schuechtern winken und allesamt zerrissene Kleider tragen.
Endlich erreichen wir gegen halb sechs das Flourspar Guesthouse, am Berghang gelegene kleine Huetten, immerhin mit eigenem Bad und Strom. Wir bekommen Bier und ein warmes Abendessen, der Koch muss allerdings extra kommen, um unsere Sonderwuensche (= vegetarisch) zu besprechen, das Endergebnis ist jedenfalls sehr lecker. Da wir von oben bis unten von unserer stundenlangen Regenwaldwanderung schmutzig sind, freuen wir uns sehr ueber die grosse, warme Dusche, geradezu luxurioes ist alles hier. Da spielt auch die verschimmelte Zimmerdecke, die total verdreckte Wanne und die notduerftig mit Isolierband abgeklebten offenen Kabel und das leicht braeunlich aus dem Hahn laufende Wasser keine Rolle.
Nitschi hat Waschtag heute, ich betreibe "Schoenheitspflege", man ist ja schon froh, zur Abwechslung mal einen Spiegel vor sich zu haben.
Recht befremdlich ist, dass es in Kenia wohl zum "Zimmerservice" gehoert, billige Flipflops im Zimmer bereitzustellen - die aber definitiv bereits mehrfach gebraucht wurden und von deren Benutzung wir trotz schmutzigem Fussboden absehen und lieber unsere eigenen anziehen.

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