23.9.12

Zurück in Nairobi (20.09.2012)

Als wir gegen 6 Uhr morgens Nairobi erreichen, ist es deutlich kühler geworden, wir sind ja nun auch wieder ganz schön hoch. Wir klingeln nach der Ankunft den sehr verschlafenen Titus heraus, der per Telefon mit dem Taxifahrer unserer Wahl das tut, was er am Besten kann: über den Fahrpreis verhandeln.
Eine halbe Stunde später sind in Titus Heim, wo wir bis zur endgültigen Abreise morgen einquartiert werden - und uns zusätzlich zu ihm, seiner Freundin Ester, Baby Chrystal und der Haushälterin in der 50 m²- Wohnung breitmachen.
Nach der dringend nötigen Dusche und ausgiebigem Herumschäkern mit dem niedlichen Schokokind Wagen Nitschi und ich uns mit dem Matatu (das hier in Nairobi für sämtlichen Nahverkehr eingesetzt wird - Tausende fahren davon durch die Stadt) wieder in den Mathare-Slum. Im Matatu brauchen wir zwar die Hilfe sämtlicher Mitfahrender, um die richtige Haltestelle zu finden, aber den Weg finden wir dann tatsächlich alleine. Wir werden wieder von Bernart, den ich schon bei der Führung vor drei Wochen kennenlernen durfte, in Empfang genommen. Im Büro von Panairobi hinterlegen wir alle Wertsachen (diesmal geht der Ehering sogar runter), und dann nimmt der 22jährigd Bernart uns zu einer gut zweistündigen Führung durch seine Heimat, mit, denn auch Nitschi möchte nicht abreisen, ohne hier gewesen zu sein.
Es ist wieder ein Angriff auf alle Sinne, selten habe ich z.B. so einen Gestank erlebt wie den, der uns aus den abwasserverseuchten Bächen und Pfützen entgegenschlägt. Es ist ein Rätsel, wie die Menschen, die daneben leben, das aushalten. Stumpft man wohl irgendwann ab? Trotz des Ekels reissen wir uns zusammen, uns diesen nicht anmerken zu lassen, um den Einwohnern nicht noch mehr vor Augen zu führen, wie privilegiert wir sind.
Dagegen sind die unzählbaren Kinder aller Altersklassen, die uns laut schreiend in Scharen hinterherlaufen und uns dazu ohne Scheu an die Hand nehmen (die ersten paar Mal zucken wir zusammen und sind versucht, uns sofort danach die Hände abzuwischen, wenn wir die schmutzigen Fingerchen und Rotznasen genauer anschauen - aber egal, das kann warten), dazu begeistert lachen und herumalbern, die reine Freude.
Bernart führt uns heute in die "Wohnung" seiner Eltern, in der er mit seinen vier Geschwistern aufgewachsen ist. Man möchte heulen, als er - ein freundlicher, umgänglicher und feiner junger Mann - erzahlt, wie er von der Strassenkinderorgansiation als 12jähriger weg von Drogen und Diebstahl geholt und stattdessen in die Schule geschickt wurde. Er sagt offen, dass er den Sozialarbeitern so dankbar für alles ist, dass er nach dem Ende seiner Ausbildung in jedem Fall im Slum bleiben möchte, um anderen zu helfen und etwas "zurückzugeben"... Bei der Rückfahrt im vollgestopften Matatu in die Stadt sind Nitschi und ich sehr schweigsam, wir müssen das Gesehene und Gehörte erst einmal verarbeiten.
Den Nachmittag lungern wir in Titus Wohnzimmer herum, gucken Serien, spielen mit Chrystal und stimmen uns mit Rum und Cola auf unseren letzten Abend ein.
Als Titus von der Arbeit heimkommt, überreichen wir ihm als Abschiedsgeschenk eine Flasche Whiskey, und dann fahren wir mit ihm und Ester einmal durch den wieder einmal abartigen Feierabendverkehr zum Lieblings-Aethiopier, um die beiden zum Essen auszuführen. Es schmeckt wieder fantastisch - nur leider ist es in Kenia nicht üblich, nach der Nahrungsaufnahme noch länger als nötig sitzenzubleiben. Daher fahren wir, laut singend ("Stop! In the Name of the bump!") zurück und verräumen uns alle gegen halb elf in die Betten.
Für Nitschi ist es eine kurze Nacht, um 2 Uhr steht ihr Taxi bereit, das sie zum Flughafen bringt. Netterweise lässt Titus es sich nicht nehmen, sie trotz der nachtschlafenden Stunde zu begleiten, während ich mich nur kurz, aber herzlich von meiner wunderbaren Reisebegleiterin verabschiede und dann wieder ins Bett krieche...

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